Art. 230 SchKG     I. Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven     1. Im allgemeinen

Druckversion1Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten des summarischen Verfahrens zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.

2Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.

3Nach Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.

4Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.

Inhaltsübersicht

Abs. 1

Zweck

Dividendenzahlung an die Gläubiger: Es ist nicht das Ziel eines Konkursverfahrens, sämtliche Aktiven des Gemeinschuldners zu liquidieren. Ziel ist es allein, den Gläubigern eine Dividende zu entrichten. BVGer A-5172/2014 E. 9.3.5.

Kostendeckung: Das Liquidationsverfahren muss nicht weitergeführt werden, wenn es nicht genügend Aktiven gibt (Art. 230 Abs. 1 SchKG). Dies gilt a fortiori, wenn gar keine verwertbaren Aktiven vorhanden sind. BGE 133 III 614 E. 6.1.2.  KGer NE HR.2009.28 E. 2b Die Durchführung eines Konkursverfahrens macht nur dann Sinn, wenn die Kosten des Verfahrens (welche von der Masse zu tragen sind) geringer sind als der Verwertungsertrag der Aktiven. BVGer A-5172/2014 E. 9.3.5.  

Eigene Verfahrensart

Wesen: Die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven ist eine eigene Verfahrensart. Das Konkurserkenntnis bleibt bestehen und hat rechtliche Folgen, das Konkursverfahren kann jedoch mangels eines Substrates nicht durchgeführt werden. BGer 9C_56/2023 E. 2.3.1  BGer 5A_592/2015 E. 1.2.

Abgrenzung von verwandten Instituten

Von der Nichteröffnung des Konkurses mangels Leistung eines Kostenvorschusses durch den Gläubiger (Art. 169 Abs. 2 SchKG): Die beiden Fälle unterscheiden sich stark. Zu berücksichtigen ist vornehmlich, dass im Falle von Art. 169 Abs. 2 SchKG das Konkursverfahren noch nicht eröffnet worden ist. Sämtliche Wirkungen, die das Gesetz an die Eröffnung des Konkurses knüpft, sind hier im Unterschied zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven noch nicht eintreten. Auch die registerrechtlichen Wirkungen unterscheiden sich. BGE 113 III 116 E. 3c

Vom Weiterzug des Konkurseröffnungsentscheids (Art. 174 SchKG): Ist der Konkurs einmal auf Begehren eines Gläubigers eröffnet worden und führt der Schuldner dagegen Beschwerde, so sind einzig die Anforderungen nach Art. 174 SchKG massgeblich. Dass der Konkurs unter Umständen mangels Aktiven einzustellen sein wird (Art. 230 SchKG), ändert daran nichts Entscheidendes, zumal auch beim (voraussichtlichen) Fehlen von Aktiven denkbar ist, dass ein Gläubiger die Durchführung des Konkurses (zumindest im summarischen Verfahren) verlangt und die Kosten sicherstellt (Art. 230 Abs. 2, Art. 231 SchKG). OGer ZH PS160177 E. 4.4.
(ZR 2016 Nr. 59)

Vom Widerruf des Konkurses (Art. 195 SchKG): Die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven unterscheidet sich vollständig vom Widerruf gemäss Art. 195 SchKG. Bei letzterem wird das Konkurserkenntnis rückgängig gemacht, womit seine Wirkungen dahinfallen. Bei der Einstellung mangels Aktiven bleibt das Konkurserkenntnis bestehen. Das Konkursverfahren kann aber mangels Substrat nicht durchgeführt werden. BGE 40 III 344 E. 1.  

Geltungsbereich

Vergleichbare Regelung in der BIV-FINMA: Eine vergleichbare Regelung zu Art. 230 SchKG findet sich in Art. 23 BIV-FINMA in Bezug auf Banken, Effektenhändler und Pfandbriefzentralen (Art. 2 Abs. 1 BIV-FINMA). Vgl. BVGer A-5172/2014 E. 7.2., E. 9.3.6., E. 9.4.7. (zur aBKV)

Ungenügende Deckung der Verfahrenskosten

Verwahrung der Geschäftsbücher als Sicherungsmassahme: Als Sicherungsmassnahme i.S.v. von Art. 223 Abs. 2 SchKG hat das Konkursamt insbesondere die Geschäftsbücher des Gemeinschuldners in Verwahrung zu nehmen. Diese Massnahme dient nicht nur der Wahrung seiner Vermögensrechte, sondern auch dem Auffinden von Ansprüchen, von allfälligen Anfechtungs- oder aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüchen. Die Verwahrung der Geschäftsbücher dient somit der Vorbereitung des Antrags des Konkursamtes an den Konkursrichter über die Durchführung bzw. die Einstellung des Konkursverfahren (Art. 230-231 SchKG; Art. 39 KOV). AB TI 14.2014.133 E. 4.2.

Inventar als Grundlage des Entscheids: Der Zweck des Inventars (Art. 221, Art. 227 SchKG) liegt darin, sich einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Schuldners zu verschaffen und eine Grundlage für den Entscheid bezüglich des weiteren Verfahrens (Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven, summarisches oder ordentliches Verfahren) zu verschaffen. BGE 128 V 10 E. 5c  BGer 5A_469/2011 E. 4.2.1.  KGer GR PKG 2007 Nr. 8 E. 2a  KGer GR SKA 07 22 E. 3e/bb  Die Darstellung der Vermögenslage des Schuldners im Inventar ist die Grundlage für den Antrag des Konkursamtes an den Konkursrichter auf Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. BGer 5A_36/2022 E. 4.4.1, E. 4.4.3  BGer 5A_914/2021 E. 6.1.4  Zum einen kann jeder Gläubiger die Entscheidung zur Leistung der Kaution gestützt auf besondere Kenntnisse zur Lage des Schuldners treffen. Zum anderen bietet die Frist von Art. 230 Abs. 2 SchKG jedem Gläubiger die Möglichkeit, sich beim Konkursamt ein Bild über die Lage des Schuldners zu machen. Dem Zweck entsprechend dient auch einem Gläubiger das Konkursinventar als Grundlage für diesen Entscheid.  BGer 5A_36/2022 E. 4.4.3

Massgeblichkeit der Schätzung gemäss Inventar: Die Schätzung, welche für jedes Vermögensstück vorzunehmen und im Inventar anzugeben ist (Art. 227 SchKG), ist für die Frage der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven durch das Konkursgericht massgeblich. BGE 138 III 675 E. 3.2.2.  CdJ GE DCSO/128/2024 E. 2.1.1  CdJ GE DCSO/129/2024 E. 2.1.1  OGer ZH PP140004 E. II.5.b  OGer OW AbR 1992/93 Nr. 16 E. 2 – Die Zuziehung eines Sachverständigen zur Schätzung der Vermögenswerte liegt grundsätzlich im Ermessen des Konkursamtes. OGer OW AbR 1992/93 Nr. 16 E. 2

Berücksichtigung von Kompetenzansprachen des Schuldners und von Eigentumsansprachen Dritter: Selbst wenn die vorhandenen Vermögenswerte ausreichen würden, die Verfahrenskosten zu decken, ist zu berücksichtigen, ob solche dem Schuldner als Kompetenzstücke zu überlassen sind oder von Dritten beansprucht werden. BGE 141 III 590 E. 3.1. vgl. auch BGE 128 V 10 E. 5c

Bei Pfandobjekten: Es ist zu beachten, dass gemäss Art. 39 Abs. 1 KOV das Konkursamt zu berücksichtigen hat, dass in Bezug auf Pfandobjekte nur ein allfälliger Überschuss des Erlöses über die pfandversicherte Forderung zur Deckung der Konkurskosten verwendet werden darf (Art. 262 Abs. 2 SchKG). Sind daher in der Masse nur Gegenständen vorhanden, an denen Dritte Pfandrechte geltend machen, und ist nach der Schätzung kein Mehrerlöss über die pfandversicherten Forderungen hinaus zu erwarten, so ist der Konkurs mangels Aktiven einzustellen. AB TI 14.1998.94  OGer OW AbR 1992/93 Nr. 16 E. 2

Bei strafrechtlichem Beschlag: Bei strafrechtlichem Beschlag von Vermögenswerten können diese als uneinbringlich und damit als wertlos betrachtet werden. AB SG AB.2012.12 E. 8c (GVP SG 2013 Nr. 78)

SchKG-Beschwerde gegen Inventarisierung und Schätzung: Die unrichtige oder unvollständige Erstellung des Inventars kann (auch von einem Gläubiger) mit Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG gerügt werden. BGE 141 III 590 E. 3.2.1. (mit Verweis auf BGE 114 III 21 E. 5b) Gleiches gilt für die Schätzung der Vermögenswerte. BGE 138 III 675 E. 3.2.2.

Ungenügende Deckung: Voraussetzung für die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ist das Ergebnis der Inventarisierung (Art. 221 SchKG) der bekannten Vermögenswerte des Schuldners, welche ergibt, dass die Vermögenswerte nicht zur Deckung der Kosten ausreichen. BGE 141 III 590 E. 3.1.  

Antrag des Konkursamtes an das Konkursgericht

Notwendigkeit: Ein Antrag ist notwendig. KGer GR PKG 2003 Nr. 15 E. 4d  

Natur: Der Antrag des Konkursamtes um Einstellung des Konkurses mangels Aktiven an das Konkursgericht ist keine Verfügung, welche nach Art. 17 SchKG anfechtbar ist. BGE 141 III 590 E. 3.2.  BGer 5A_788/2021 E. 2.1.1., E. 2.3.2  VerGer BE 100.2017.164 E. 4.3.1.  AB TI 14.2017.25 E. 1  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.2.  CdJ GE DCSO/211/2011 E. 2.5.  CdJ GE DCSO/151/2010 E. 1  KGer GR SKG 04 5  OGer LU LGVE 1997 I Nr. 52  (BlSchK 1999 Nr. 2) – Die Aufsichtsbehörde kann das Konkursamt auch nicht anweisen, einen Einstellungsantrag zurückzuziehen, weil derselbe unbegründet sei oder weil er auf ungenügender Abklärung des Sachverhaltes beruhe. Eine derartige Doppelspurigkeit würde zu einer unerträglichen Verwischung der Zuständigkeit und zu Kompetenzkonflikten führen. OGer LU LGVE 1997 I Nr. 52  (BlSchK 1999 Nr. 2) Verweis: zur Zuständigkeit des Konkursgerichts, den Antrag des Konkursamtes zu prüfen vgl. unten und zur Anfechtung des Entscheids des Konkursgerichts vgl. unten

Anforderungen an den Antrag: Wenn das Konkursamt dem Konkursrichter den Einstellungsantrag unterbreitet, hat es diesen auch zu begründen und dem Konkursrichter ein Verzeichnis der festgestellten Aktiven mit seinem Gutachten darüber vorzulegen, ob diese Aktiven voraussichtlich hinreichen, wenigstens die Kosten des summarischen Verfahrens zu decken. OGer LU LGVE 1997 I Nr. 52  (BlSchK 1999 Nr. 2) Das Konkursamt hat dem Richter mit dem Antrag das aufgenommene Inventar vorzulegen mit den Schätzungen der darin verzeichneten Vermögensstücke und mit dem Gutachten des Konkursamtes über die erhobenen Eigentumsansprachen und die Aussichten der gerichtlichen Geltendmachung allfälliger Anfechtungsansprüche. OGer LU (10.9.1986) (BlSchK 1989 Nr. 21) E. 5a

Beschränkte Kompetenzen und Aufgaben des Konkursamtes: Die Tätigkeit des Konkursamtes beschränkt sich auf die Inventarisierung und Befragung des Schuldners, die Anzeige an den Konkursrichter und die Publikation. Es findet kein Schuldenruf und keine Forderungsprüfung statt CdJ GE DCSO/18/2007 E. 2b Es wird auch keine Gläubigerversammlung durchgeführt (Art. 231 und 235 SchKG). OGer LU (10.9.1986) (BlSchK 1989 Nr. 21) E. 5a Dies gilt auch dann, wenn Anleihensobligationen des Schuldners ausstehend sind. Art. 1183 OR kommt nicht zur Anwendung, wenn das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt wird. OGer LU (10.9.1986) (BlSchK 1989 Nr. 21) E. 5c

Zeitpunkt/im Verlauf des Konkursverfahrens: Stellt sich (erst) während des Konkursverfahrens heraus, dass entgegen der Annahme des Konkursgerichts die Kosten hierfür durch die vorhanden Aktiven nicht gedeckt sind, so kann das Konkursamt noch nachträglich die Einstellung des Konkurses beantragen. BGer 5A_472/2017 E. 3.1.  KGer GR KSK 19 28 S. 11 Die Änderung der Art des Konkursverfahrens – wie z.B. vom summarischen Verfahren zur Einstellung mangels Aktiven – ist möglich. BGer 7B.256/2002 E. 1.2. Das Konkursverfahren kann auch nach Anordnung des ordentlichen oder summarischen Verfahrens noch eingestellt werden, z.B. wenn sich erst nach Erstellung des Kollokationsplans und anschliessender erfolgreicher Aussonderung ein Mangel an Aktiven herausstellt. BVGer A-5172/2014 E. 9.3.8.

Entscheid des Konkursgerichts

Zuständigkeit: Zum Entscheid über die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ist dasselbe Konkursgericht zuständig, welches schon über die Konkurseröffnung entschieden hat. BGer 5A_306/2014 E. 3.2.

Auch bei Einstellung eines Konkursverfahrens zufolge Organisationsmangel (Art. 731b OR): Auch wenn das Konkursverfahren nicht durch eine Konkurseröffnung des Konkursrichters angeordnet, sondern durch einen Entscheid des Zivilrichters wegen eines Organisationsmangels bewirkt wurde (Art. 731b Abs. 1bis Ziff. 3 OR), ist der Konkursrichter zum Entscheid über die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven zuständig. BGer 5A_306/2014 E. 3.2.

Verfügung auf einseitigen Antrag im summarischen Verfahren: Die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ergeht auf einseitigen Antrag (des Konkursamtes). AB TI 14.2010.22 E. 2  AB TI 14.2007.115 E. 2  AB TI 14.2007.83 E. 2  AB TI 14.2007.35 E. 2  AB TI 14.2005.74 E. 2  AB TI 14.2004.77 E. 2  KGer GR SKG 02 43 E. 1b Der Konkursrichter entscheidet im summarischen Verfahren (Art. 251 lit. a ZPO). KGer GR KSK 19 28 S. 5 – Der Gläubiger hat in diesem Verfahren keine direkte Parteistellung, selbst wenn er das zum Konkurs führende Konkursbegehren gestellt hat. AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) E. 1.1.    

Prüfungspflicht: Das Konkursgericht hat aufmerksam zu kontrollieren, ob der Antrag des Konkursamtes auf Abklärungen beruht, welche genügend ernsthaft, tief und vollständig sind, um die Einstellung (des Konkurses) mangels Aktiven zu begründen. BGE 141 III 590 E. 3.3.  OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.1   AB TI 14.2017.25 E. 1 Das Konkursgericht übt diesbezüglich eine eigentliche Kontrolle über das Konkursamt aus. BGer 5A_472/2017 E. 3.2.1.  OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.1  KGer GR KSK 23 117 E. 5.2  Das Konkursgericht entscheide nach Prüfung der Sachlage über die Frage der Konkurseinstellung mangels Aktiven. Es hat sich darüber ein selbständiges Urteil zu bilden, ob die Voraussetzungen zur Einstellung des Verfahrens gegeben sind CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.2. , namentlich auch, ob die Inventaraufnahme mit hinreichender Sorgfalt durchgeführt worden ist. OGer LU LGVE 1997 I Nr. 52  (BlSchK 1999 Nr. 2) Sodann hat der Konkursrichter zu prüfen, ob erhobene Drittansprüche anerkannt werden müssen und Anfechtungsansprüche irgendwelcher Art nicht möglich oder ohne jede Aussicht auf Erfolg sind. BGE 128 V 10 E. 5c  CdJ GE ACJC/516/2015 E. 2.1.  CdJ GE ACJC/1406/2015 E. 4.1.  KGer GR SKG 04 5  OGer LU (10.9.1986) (BlSchK 1989 Nr. 21 E. 5a) Bei Vermögenswerten, an welchen Pfandrechte haften, ist die Höhe eines allfälligen Verwertungsüberschusses zu prüfen. KGer GR SKG 04 5

Einforderung zusätzlicher Informationen/Ergänzung des Inventars/Anordnung des ordentlichen oder summarischen Konkursverfahrens: Ist der Richter anderer Ansicht als das Konkursamt, so kann er vom Konkursamt zusätzliche Informationen einfordern AB TI 14.2014.133 E. 4., eine Ergänzung der Inventaraufnahme veranlassen KGer GR SKG 04 5  OGer LU LGVE 1997 I Nr. 52  (BlSchK 1999 Nr. 2) oder das summarische bzw. ordentliche Konkursverfahren anordnen. AB TI 14.2014.133 E. 4.  OGer LU (10.9.1986) (BlSchK 1989 Nr. 21 E. 5a) – Der Richter kann auch direkt oder über das Konkursamt vom Schuldner zusätzliche Informationen einfordern. CdJ GE ACJC/1406/2015 E. 4.1.  CdJ GE ACJC/516/2015 E. 2.1.  

Gerichtlich geprüftes Inventar: Zufolge der Kontrolle des Konkursgerichts existiert für den Zeitpunkt des Einstellungsbeschlusses ein gerichtlich überprüftes Inventar, wonach zu wenig Vermögenswerte vorhanden sind, um wenigstens das summarische Konkursverfahren durchzuführen. BGE 128 V 10 E. 5c Damit besteht bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven nach Art. 230 SchKG eine grössere Klarheit darüber, wieviel verwertbares Vermögen tatsächlich vorhanden ist, als vor der Konkurseröffnung. BGE 113 III 116 E. 3d Verweis: zur Relevanz des gerichtlich geprüften Inventars für die Beurteilung, ob ein neuer Vermögenswert vorliegt, so dass der Konkurs wiedereröffnet werden kann vgl. zu Wiedereröffnung des Konkurses    

Suspensiv bedingter Entscheid: Die richterliche Einstellungsverfügung gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG ist suspensiv bedingt. Die Bedingung besteht im Einverständnis sämtlicher Gläubiger. Es liegt darin, dass keine Gläubiger innerhalb der zehntägigen Frist seit der Publikation beim Konkursamt das Durchführungsbegehren unter gleichzeitiger Leistung der publizierten Kautionssumme stellt. BGE 141 III 590 E. 3.4.1. (mit Verweis auf BGE 40 III 344 E. 1 a.E.)

Handlungen Dritter vor Einstellung des Konkurses: Solange der Konkurs nicht zufolge Einstellung mangels Aktiven rechtskräftig geschlossen ist, dauert das Konkursverfahren noch an. Dritte könne solange noch Rechte ausüben. In casu konnte der Vermieter noch gemäss Art. 266h Abs. 1 OR (zufolge Konkurs des Mieters) eine Frist zur Leistung einer Sicherheit ansetzen. KGer BL 400 13 4 E. 2.2.

Kosten der Eröffnung sowie Einstellung des Konkurses über eine ausgeschlagene Erbschaft: Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage gehen die Kosten des Einstellungsverfahrens nicht zu Lasten der Erben, welche die Erbschaft ausgeschlagen haben, sondern zu Lasten des Staates. OGer OW AbR 1984/85 Nr. 12 E. 3

Höhe der Sicherheitsleistung nicht Gegenstand des richterlichen Einstellungsentscheids: Auch wenn der Konkursrichter die Höhe des Kostenvorschusses in seiner Verfügung wiedergibt, so hat er damit diesbezüglich keinen eigenen Entscheid gefällt, sondern nur eine Verfügung des Konkursamtes in seinen Entscheid aufgenommen. AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) Verweis: zur Festsetzung der Höhe des Kostenvorschusses durch das Konkursamt vgl. unten

Keine individuelle Eröffnung an den Schuldner: Der Schuldner wird vom Entscheid nicht individuell benachrichtigt. AB TI 14.2010.22 E. 2  AB TI 14.2007.115 E. 2  AB TI 14.2007.83 E. 2  AB TI 14.2007.35 E. 2  AB TI 14.2005.74 E. 2  AB TI 14.2004.77 E. 2 Verweis: zur Publikation durch das Konkursamt vgl. unten

Unmittelbare Folge des Entscheids: Mit dem Entscheid wird das Konkursverfahren einstweilen eingestellt und es erhalten alsdann die Gläubiger die Möglichkeit, durch Leistung von Sicherheit die Durchführung des Konkursverfahrens zu verlangen. BGE 40 III 344 E. 1. Verweis: zur Abgrenzung der weiteren Kompetenzen des Konkursgerichts vgl. unten und jener des Konkursamtes vgl. unten

Verbindlichkeit des Entscheids für die SchKG-Aufsichtsbehörden: Die Einstellungsverfügung des Konkursrichters gemäss Art. 230 SchKG ist im SchKG-Beschwerdeverfahren verbindlich. BGer 7B.256/2002 E. 1.2.    

Rechtsmittel

Keine SchKG-Beschwerde

Gegen den Entscheid des Konkursgerichts, das Konkursverfahren mangels Aktiven einzustellen, kann keine SchKG-Beschwerde an die Aufsichtsbehörde geführt werden. OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.2  CdJ GE DCSO/58/2017 E. 2.1.  

ZPO-Beschwerde

Zulässigkeit: Der Entscheid des Konkursrichters über die Einstellung des Konkurses gemäss Art. 230 SchKG ist mit ZPO-Beschwerde anfechtbar (Art. 309 lit. b Ziff. 7, Art. 319 lit. a ZPO). BGE 141 III 590 E. 3.2.  BGer 5A_788/2021 E. 2.3.2  BGer 5A_306/2014 E. 3.3.1. OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.1   KGer GR KSK 19 28 S. 4  KGer VD failite/2017/28 E. Ia  AB SG AB.2012.12 E. 8c (GVP 2013 Nr. 78) – Die Regeln über die Weiterziehung der Konkurseröffnung (Art. 174 SchKG) gelten nicht. BGE 141 III 590 E. 3.2.

Kommentar 1: Vor Inkrafttreten der ZPO sah das Bundesrecht kein Rechtsmittel vor, so dass sich dannzumal noch nach kantonalem Recht richtete, ob ein Rechtsmittel zur Verfügung stand. vgl. BGer 7B.205/2006 E. 2.2.2.

Legitimation/allgemein: Zur Beschwerde befugt ist, wer durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist und daher ein schützenswertes Interesse an dessen Korrektur besitzt. BGE 141 III 590 E. 3.2.  

Legitimation des Schuldners: Der Schuldner, über welchen der Konkurs eröffnet worden ist, kann sich gegen die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven gemäss Art. 230 SchKG wehren. BGE 141 III 590 E. 3.2.1.  BGer 5A_50/2015 E. 3.2.1. Er ist zur ZPO-Beschwerde legitimiert. BGer 5A_306/2014 E. 3.3.1.  KGer GR KSK 19 28 S. 5 – Der Schuldner (der eine natürliche Person ist) kann wegen der Thematik des fehlenden neuen Vermögens – d.h. an der Erlangung eines Verlustscheins und des damit verbundenen Vorteils (Art. 265 Abs. 2 SchKG) – an der Durchführung des Konkurses interessierte sein. BGE 141 III 590 E. 3.2.1.  BGer 5A_50/2015 E. 3.2.1.  KGer GR KSK 19 28 S. 5

Legitimation des Konkursamtes: Auch das Konkursamt als Vertreter der Konkursmasse ist zur Anfechtung des Einstellungsentscheides legitimiert, um die Interessen der Gläubigergesamtheit zu wahren BGE 141 III 590 E. 3.2.1.  BGer 5A_50/2015 E. 3.2.1.  BGer 5A_306/2014 E. 3.3.1.  CdJ GE ACJC/516/2015 E. 1.2.1., da bei Erlass der Einstellungsverfügung ungewiss ist, ob ein (oder mehrere) Gläubiger das Durchführungsbegehren stellt (bzw. stellen). BGE 141 III 590 E. 3.2.1.

Eingeschränkte Legitimation der Gläubiger: Auch die Gläubiger sind legitimiert, die Einstellungsverfügung mit ZPO-Beschwerde anzufechten. BGE 141 III 590 E. 3.4. vgl. auch  BGer 5A_788/2021 E. 2.3.2  OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.1   contra: Die Gläubiger sind nicht beschwerdelegitimiert. AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28 E. 1.1.) (in Bezug auf die frühere kantonale Rechtsmittelordnung) – Die Legitimation der Gläubiger wird jedoch durch die Möglichkeit eingeschränkt, gegen Leistung eines Kostenvorschusses die Durchführung des Konkurses zu verlangen (Art. 230 Abs. 2 SchKG). Die blosse Neubeurteilung der Begründetheit von Ansprüchen Dritter (welche u.a. ein Motiv sein können, um den Kostenvorschuss zu leisten) soll gerade nicht von der Beschwerdeinstanz vorgenommen werden. BGE 141 III 590 E. 3.4.3.

Kommentar 2: Entgegen der Ansicht der AB BL (damals noch zum kanonalen Recht) gibt es keinen Grund, den Gläubigern generell bzw. grundsätzlich die Legitimation abzusprechen, ZPO-Beschwerde gegen den Einstellungsentscheid zu führen.

Rügen: Ein Beschwerdeführer kann z.B. geltend machen, dass der Konkursrichter über die Einstellung des Konkursverfahrens ohne gehörigen Antrag des Konkursamtes entschieden hat. BGE 141 III 590 E. 3.4.  OGer AG KBE.2023.26 E. 2.2.1 – Die blosse Neubeurteilung der Begründetheit von Ansprüchen Dritter kann dagegen (zumindest von Gläubigern) nicht gerügt werden. BGE 141 III 590 E. 3.4.3.

Zulässigkeit von neuen Tatsachen und neuen Beweismitteln: Da die Beschwerde des Schuldners die erste Möglichkeit darstellt, sich zur Einstellung des Konkurses zu äussern, muss es ihm ausnahmsweise erlaubt sein, mit der Beschwerde neue Tatsachenbehauptungen vorzubringen und diese mit den dazu gehörenden Beweismitteln zu untermauern. Ansonsten würde sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. KGer GR KSK 19 28 S. 7

Kommentar 3: Gleiches gilt, wenn ein Gläubiger ZPO-Beschwerde führt.

Keine ZPO-Beschwerde gegen Festsetzung der Höhe des Kostenvorschusses: Der vom Konkursamt nach Art. 230 Abs. 2 SchKG angesetzte Kostenvorschuss kann nicht mit ZPO-Beschwerde gegen die Einstellung des Konkurses anfochten werden. BGE 141 III 590 E. 3.5.2. Verweis: Es ist vielmehr SchKG-Beschwerde gegen die Verfügung des Konkursamtes zu führen (vgl. dazu unten)

Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht

Gegen den zweitinstanzlichen Entscheid kann Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht geführt werden (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG). BGer 5A_592/2015 E. 1.1. Die Einstellungsverfügung erscheint verfahrensabschliessend i.S.v. Art. 90 BGG. Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 100 Abs. 1 BGG). BGer 5A_592/2015 E. 1.2.

Abs. 2

Kompetenzen des Konkursgerichts: Mit der Einstellung durch den Konkursrichter liegt das Verfahren bis zu einer allfälligen Wiederaufnahme in seinen Händen. BGE 102 III 78 E. 2  BGE 74 III 75 E. 1  BGer 5A.28/2004 E. 5.2.  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.3. Er ist zuständig für eine Nachfrist zur Vorschussleistung (vgl. unten) oder ob die Voraussetzungen für die Schiessung des Verfahrens (Art. 268 Abs. 2 SchKG) eingetreten sind (vgl. unten).     

Publikation der Konkurseinstellung

Kompetenzen des Konkursamtes: Mit Einstellung des Konkurses durch den Konkursrichter verliert der Konkursverwalter – zumindest vorübergehend – die Befugnis, auf die Verfahrensfortsetzung gerichtete Amtshandlungen vorzunehmen. Ihm bleiben im Wesentlichen einzig die Publikation der Einstellungsverfügung (Art. 230 Abs. 2 SchKG) und die Bemessung der Höhe der sicherzustellenden Kosten vorbehalten. BGE 102 III 78 E. 2  BGE 74 III 75 E. 1  AB AR 3597 E. 1.5.3 zu b  AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28 E. 1.2.) Beides sind Massnahmen, die den Vollzug der richterlichen Einstellungsverfügung gewährleisten sollen. BGE 102 III 78 E. 2

Eintragung im Handelsregister/Löschung: Wird eine Konkursverfahren gestützt auf Art. 230 Abs. 1 SchKG mangels Aktiven eingestellt, wird dies im Handelsregister eingetragen (Art. 159 lit. d HRegV). Die Gesellschaft wird alsdann von Amtes wegen gelöscht, wenn bei der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven innert zwei Jahren seit der Publikation der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven kein begründeter Einspruch erhoben wurde (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV).  BGer 5A_92/2021 E. 1.1

Nichtigkeit von weitergehenden Handlungen: Jede darüberhinausgehende Handlung des Konkursamtes wäre nichtig. BGer 5A.28/2004 E. 5.2.  AB AR 3597 E. 1.5.3 zu b  AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) E. 1.2.   

Aufforderung zur Leistung von Sicherheit

Verfügung des Konkursamtes: Das Konkursamt bestimmt die Höhe der Sicherheit. CdJ GE DCSO/498/2008 E. 2a  CdJ GE DCSO/303/2003 E. 2a Der vom Konkursamt nach Art. 230 Abs. 2 SchKG angesetzte Kostenvorschuss ist eine Verfügung i.S.v. Art. 17 SchKG. BGE 141 III 590 E. 3.5.2.  BGE 130 III 90 E. 1 (Pra 2004 Nr. 163) BGer 5A_892/2022 E. 2.1  BGer 7B.75/2006 E. 2.1., E. 2.2.2.  AB BL (22.10.2001) BlSchK 2003 Nr. 28 E. 1.2.

Ermessensentscheid: Die Höhe des Kostenvorschusses ist eine Ermessensfrage im Einzelfall. Der Entscheid über die Höhe der Sicherheit ist auf der Grundlage aller Umstände des konkreten Konkursverfahrens zu fällen. BGE 130 III 90 E. 1 (Pra 2004 Nr. 163) OGer ZH PS180018 E. III.2.2.  CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.2.  CdJ GE DCSO/303/2003 E. 2b – Aufgrund dessen kann vor Bundesgericht mit Beschwerde nur die Über- oder Unterschreitung des Ermessens als Gesetzverletzung gerügt werden (Art. 19 Abs. 1 SchKG). BGE 130 III 90 E. 1 (Pra 2004 Nr. 163) – Einzelne kantonale Aufsichtsbehörden haben Weisungen bzw. Richtlinien zur Höhe bzw. Bandbreite der Sicherheitsleistungen erlassen. vgl. für den Kanton Genf CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.2. In anderen Kantonen werden Richtwerte auf einer Webseite kommuniziert. OGer ZH PS180018 E. III.2.3. (in Bezug auf den Kanton Zürich)

Höhe der Sicherheit: Das Konkursamt darf die in der Publikation geforderte Sicherheit so hoch ansetzen, dass alle (zukünftigen) Kosten für das gesamte Konkursverfahren gedeckt sind. Cdj GE DCSO/346/2018 E. 2.1.2.  CdJ GE ATAS/164/2016 E. 7b  AB SG AB.2005.19 E. 6 (GVP 2005 Nr. 81) AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28 E. 2.) Der Kostenvorschuss darf so hoch angesetzt werden, dass damit auch nicht genauer abschätzbare Kosten, wie beispielsweise Gerichts- oder Anwaltskosten bei Aktiv- oder Passivprozessen, gedeckt werden können  KGer SZ BEK 2020 178 E. 4e  CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.2.  OGer ZH PS180018 E. 2.2. (mit Verweis auf BGE 117 III 67 E. 2b.) Die Höhe kann nicht mit mathematischer Strenge berechnet werden, sondern es sind Schätzungen vorzunehmen. CdJ GE DCSO/303/2003 E. 2b – Bei der Festsetzung sind freie Aktiven in Abzug zu bringen. Vgl. OGer ZH PS180018 E. 2.5.5. – Es ist nicht einzusehen, weshalb bei der Abschätzung, ob die Kosten des summarischen Konkursverfahrens gedeckt werden können, nicht auch verfügbare Mittel berücksichtigt werden können, welche vom Gläubiger stammen, welcher das Konkursbegehren gestellt hat. Dies rechtfertigt sich jedenfalls dann, wenn zweifelhaft ist, ob ein kostendeckender Verwertungserlös erwartet werden kann. OGer SO ZZ.1980.12 E. 1

Höhe des Kostenvorschusses in der Praxis: Eine Auswertung von 200 SHAB-Publikationen der Jahre 2019 und 2020 hat ergeben, dass in 85% aller Fälle der Kostenvorschuss zwischen CHF 3’000 und CHF 5’000 angesetzt wurde (bei einem Durchschnittswert von knapp CHF 4’800). Vgl. auch BGer 5A_788/2021 Sachverhalt A.b. OGer ZH PS180018 E. 2.3.  OGer ZH PS150172 E. 2.2.3. Gemäss Homepage der Zürcher Notariate beträgt der Kostenvorschuss für durchschnittliche Verfahren ca. CHF 2’500 bis CHF 5’000. Vgl. auch OGer ZH NP210014 E. 3.3.5.1

Sicherheit nur für zukünftige Kosten: Kostenvorschüsse können jedoch nur für künftige Auslagen des Konkursamtes verlangt werden. Die Erhebung eines Kostenvorschusses für bereits erbrachte Leistungen ist ausgeschlossen. KGer SZ BEK 2020 178 E. 4f/bb  CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.2.  CdJ GE ATAS/164/2016 E. 7b  AB TI 15.2009.127 E. 3  AB SG AB.2005.19 E. 6 (GVP 2005 Nr. 81) OGer LU LGVE 1991 I Nr. 53 Entsprechend darf der Kostenvorschuss auch nicht für in der Vergangenheit entstandene Kosten verwendet werden. CdJ GE DCSO/498/2008 E. 2a (mit Verweis auf BGE 117 III 67) AB SG AB.2005.19 E. 6 (GVP 2005 Nr. 81) CdJ GE DCSO/303/2003 E. 2b  contra: Es ist nicht ausgeschlossen, vom Gläubiger, welche die Durchführung des eingestellten Konkurses verlangt, auch die Sicherstellung bereits entstandener Kosten zu verlangen. AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) E. 2. –  Auch im Fall, da der Schuldner selbst den Konkurs bewirkt hat, so dass keine Haftung des antragstellenden Gläubigers Platz greift, kann nicht gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG von den Gläubigern Sicherheit für bisher angefallene Kosten verlangt werden. AB SG AB.2005.19 E. 6 (GVP 2005 Nr. 81)

Kommentar 4: Die Ansicht der AB BL überzeugt nicht. Die Sicherheit kann m.E. nur für zukünftige Kosten verlangt werden. Dies gilt insbesondere, da der Gläubiger nicht wissen kann, wie hoch allfällige bereits aufgelaufenen Kosten sind, welche für ihn völlig unterwartet im Nachhinein besichert werden sollen.

Spätere Erhöhung der Sicherheit: Das Konkursamt kann sich bei der Publikation auch das Recht vorbehalten, später zusätzliche Sicherheiten zu verlangen (unter der Androhung der dannzumaligen Einstellung des Konkurses mangels Aktiven bei Nichtleistung zusätzlicher Sicherheiten), wenn sich die ursprünglich verlangte Sicherheit als ungenügend erweisen sollte. AB TI 15.2009.127 E. 3  CdJ GE DCSO/303/2003 E. 2b/E. 5b  Es muss dem Konkursamt freistehen, in der Bekanntmachung nach Art. 230 SchKG ausdrücklich die Nachforderung weiterer Vorschüsse vorzubehalten für den Fall, dass der erste nicht genügen sollte.  KGer SZ BEK 2020 178 E. 5  –  Allerding soll sich der leistende Gläubiger darauf verlassen können, dass das Konkursverfahren (bei Leistung der geforderten Sicherheit – Hinweis des Verfassers) ohne weitere Bedingungen zu Ende geführt wird.  KGer SZ BEK 2020 178 E. 5

Verhältnis zur Haftung des Gläubigers, der das Konkursbegehren gestellt hat (Art. 169 SchKG): Für die bis zur Einstellung des Konkurses bereits aufgelaufenen Kosten haftet nur der Gläubiger, der das Konkursbegehren gestellt hat (Art. 169 SchKG). AB SG AB.2005.19 E. 6 (GVP 2005 Nr. 81 – mit Verweis auf BGE 64 III 166) contra: Bei Begehren eines Gläubigers auf Durchführung des eingestellten Konkurses ist eine gleichzeitige Haftung dieses Gläubigers für diese Kosten neben demjenigen, welcher das Konkursbegehren gestellt hat, denkbar und sinnvoll, da ja jener Gläubiger das Konkursamt zum weiteren Handeln veranlassen will. Die alleinige Haftung des betreibenden Gläubigers für die bis zur Einstellung aufgelaufenen, durch die Konkursmasse nicht gedeckten Kosten ist nur dann angebracht, wenn kein Gläubiger das Begehren um Durchführung des Konkurses stellt. AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) E. 2.

Kommentar 5: Die Ansicht der AB SG erscheint richtig. Dies ergibt sich schon daraus, dass ein Gläubiger, der selbst nicht das Konkursbegehren gestellt hat, sondern „nur“ den Vorschuss zur Durchführung des Konkursverfahrens leistet, nur für zukünftige Kosten haftet. Verweis: vgl. dazu oben

Wiedererwägung durch das Konkursamt während der Beschwerdefrist: Während der Frist, SchKG-Beschwerde zu führen (Art. 17 SchKG), kann das Konkursamt seine Verfügung über die Höhe der Sicherheit in Wiedererwägung ziehen. BGE 74 III 75 E. 1  

Sicherheitsleistung durch den Schuldner?: Mit der Fristansetzung an die Gläubiger, gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG Sicherheit zu leisten, wurde nicht über die Frage entschieden, ob auch der Schuldner zur Sicherheitsleitung berechtigt ist. Eine Zurückweisung der Sicherheitsleistung durch das Konkursamt wäre mit SchKG-Beschwerde anfechtbar. OGer ZH PS150172 E. 2.3.3.

Kommentar 6: Eine Sicherheitsleistung des Schuldners kann m.E. nur bei natürlichen Personen in Frage stehen. Der Schuldner kann zwar die Durchführung des Konkursverfahrens nicht verlangen. Vgl. unten. Wenn er jedoch aus seinen (konkursfreien) Mitteln einen genügenden Zuschuss in die Masse leistet, was für ihn aufgrund der Wirkungen des Konkursverlustscheins (Art. 265 Abs. 2, Art. 265a SchKG) Vorteile haben kann, ist das Konkursverfahren durchzuführen.

Anfechtung mit SchKG-Beschwerde: Gegen die Höhe des vom Konkursamt nach Art. 230 Abs. 2 SchKG angesetzte Kostenvorschusses kann SchKG-Beschwerde geführt werden. BGE 141 III 590 E. 3.5.2.  BGE 130 III 90 E. 1 (Pra 2004 Nr. 163) CdJ GE DCSO/346/2018 E. 1.2.  OGer ZH PS150172 E. 2.3.3.  AB AR 3597 E. 1.5.3 zu b  AB SG AB.2005.19 E. 5 (GVP 2005 Nr. 81) AB BL (22.10.2001) (BlSchK 2003 Nr. 28) E. 1.1. – Wenn der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, dann sind die Gläubiger davon dispensiert, die Sicherheit zu leisten BGer 5A_892/2022 E. 2.1 und der Konkurs kann nicht geschlossen werden. CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.1.

Frist

Länge: Die Frist beträgt zehn Tage (Art. 230 Abs. 2 Satz 2 SchKG).

Fristverlängerung/Nachfrist/Fristwiederherstellung: Die Zehntagesfrist kann verlängert bzw. wiederhergestellt werden. Art. 33 Abs. 2 und Abs. 4 SchKG finden Anwendung. CdJ GE DCSO/379/2015 E. 3.  KGer VD Failite/2014/38 E. IIb  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.3.  AB ZG (23.4.1999) (GVP 1999 132 ff.) E. 2/3 – Der Entscheid steht dem Konkursgericht zu. BGE 102 III 78 E. 2  BGE 74 III 75 E. 1  BGer 5A_840/2015 E. 3.6.  BGer 7B.193/2005 E. 2. KGer VD Failite/2014/38 E. IIb  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.3.  AB AR 3597 E. 1.5.3 zu b contra: KGer GR KSK 19 28 S. 12 wonach die Aufsichtsbehörde zuständig ist – Über das Gesuch ist vom Konkursrichter ohne Aufschub unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden. BGE 74 III 75 E. 3  BGer 5A_840/2015 E. 3.6.

Aufgabe des Konkursamtes: Geht ein Gesuch um Fristverlängerung, Nachfrist bzw. Fristwiederherstellung beim Konkursamt ein, so muss es dieses mit den Akten sogleich dem Konkursrichter unterbreiten. BGE 74 III 75 E. 3  KGer VD Failite/2014/38 E. IIb

Folge der Verletzung der Frist: Art. 230 Abs. 2 SchKG ist keine Norm, welche im öffentlichen Interesse oder von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen wurde, so dass deren Verletzung keine Nichtigkeit (Art. 22 SchKG) begründet. BGer 7B.193/2005 E. 2.

Bei verspätet geleistetem Vorschuss: Das Konkursamt muss auch einen verspätet geleisteten Kostenvorschuss entgegennehmen und den Entscheid über die Zulässigkeit der nachträglichen Leistung dem Konkursrichter überlassen. KGer VD Failite/2014/38 E. IIb  

Verlangen der Durchführung des Konkursverfahrens

Legitimation: Die Durchführung des Konkursverfahrens kann nur ein Gläubiger verlangen (Art. 230 Abs. 2 SchKG). – Der Schuldner selbst kann die Durchführung des Konkursverfahrens nicht verlangen. BGer 5A_387/2012 Verweis: Er ist auf die ZPO-Beschwerde gegen den Einstellungsentscheid des Konkursrichters verwiesen. vgl. oben Verweis: Zum Einschuss von genügend Mitteln durch den Schuldner, um das Verfahren durchführen zu lassen, vgl. oben

Motivation der Gläubiger: Das Begehren eines Gläubigers, den Konkurs durchzuführen, findet seine Begründung z.B. darin, dass er sich einen vom Konkursamt im Inventar aufgenommenen bestrittenen Anspruch nach Art. 260 SchKG (wie etwa einen paulianischen Anfechtungsanspruch BGE 141 III 527 E. 3.5.) abtreten lassen möchte OGer ZH PS210126 E. 3.3.2   oder, dass er Eigentumsansprüche Dritter anders beurteilt, d.h. für unbegründet hält und sie bestreiten will, oder von einem Pfandgegenstand einen namhaften Übererlös erwartet. BGE 141 III 590 E. 3.4.1.  

Bei Leistung der Sicherheit

Kein Wirksamwerden der Einstellungsverfügung: Der Entscheid des Konkursgerichts, den Konkurs mangels Aktiven einzustellen, erfolgte suspensiv bedingt. Verweis: vgl. oben Wenn ein Gläubiger die Durchführung des Konkurses verlangt und die Sicherheit leistet, so wird der Einstellungsentscheid nicht wirksam. Ein weiterer Beschluss des Gerichts, den Konkurs zu eröffnen, ist nicht notwendig. Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder summarischen Konkursverfahren durchgeführt wird (Art. 232 SchKG). AB SG AB.2005.19 E. 5 (GVP 2005 Nr. 81)

Widerruf der Einstellungsverfügung: Zuweilen wird in der Praxis die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven vom Konkursgericht auch ausdrücklich widerrufen, wenn hinreichend Sicherheit geleistet wird. BGer 5A_218/2010 Sachverhalt A  BGer 7B.221/2005 Sachverhalt A

Kommentar 7: Ein Widerruf der Einstellungsverfügung ist formal nicht erforderlich. Die Einstellung des Konkurses erfolgt nur suspensiv bedingt für den Fall erfolgt, dass kein Gläubiger die Durchführung des Verfahrens verlangt und die geforderte Sicherheit leiste. Im gegenteiligen Fall entfaltet die Verfügung keinerlei Wirkungen, so dass kein Widerruf von Nöten ist. Da ein solcher auch gesetzlich nicht vorgesehen ist, ist darauf zu verzichten.

Statistik – Ordentliches Konkursverfahren findet nicht statt: Der Bund erfasst nicht, ob Konkursverfahren im ordentlichen oder summarischen Verfahren durchgeführt werden. Aufgrund der Angaben in jenen Kantonen, welche solche Daten veröffentlichen (Appenzell Ausserrhoden, Bern, Freiburg, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, Zürich), werden weniger als 0.5% der effektiv durchgeführten Konkursverfahren im ordentlichen und alle übrigen im summarischen Konkursverfahren durchgeführt. Es gibt eine beachtliche Zahl von Kantonen, in welchen über zehn Jahre hinweg zwischen Null bis höchstens zwei ordentliche Konkursverfahren durchgeführt worden sind. De facto findet das ordentliche Konkursverfahren damit keine Anwendung mehr. Verweis: Zur Häufigkeit der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven vgl. unten  

Bei Ausbleiben der Sicherheitsleistung: Einstellung mangels Aktiven

Folgen des Fristablaufs: Der Entscheid des Konkursrichters, den Konkurs mangels Aktiven einzustellen, erfolgt suspensiv bedingt. vgl. oben Der Konkurs gilt mangels Aktiven mit unbenütztem Ablauf der Zehntagesfrist zur Stellung eines Begehrens um Durchführung des Verfahrens und Leistung der Sicherheit ohne weiteres als eingestellt; das Verfahren schliesst ipso facto mit Fristablauf. BGE 130 III 481 E. 2.1.  BGer 5A_840/2015 E. 3.3.  BGer 5A_592/2015 E. 1.2. BGer 7B.87/2006 E. 2.  BVGer C-4322/2012 E. 3.3.  CdJ GE DCSO/268/2023 E. 2.1.6   OGer ZH PS220127 E. 5  KGer GR KSK 19 28 S. 5  CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.1.  CdJ GE DCSO/353/2018 E. 2.2.  CdJ GE DCSO/58/2017 E. 2.1.  CdJ GE DCSO/379/2015 E. 2.1.  CdJ GE DCSO/243/2013 E. 1.3.2.  CdJ GE DCSO/211/2011 E. 2.3.  CdJ GE DCSO/272/2009 E. 1b  CdJ GE DCSO/261/2007 E. 2b Der Konkurs gilt auch dann als geschlossen, wenn der Konkursrichter keine ausdrückliche Entscheidung trifft. BGer 5A.28/2004 E. 5.2. (mit Verweis auf BGE 90 II 247 E. 2 – welcher Entscheid aber keine solche Aussage enthält) Verweis: Zur Notwendigkeit einer Schlussverfügung gemäss Art. 268 Abs. 2 SchKG vgl. unten    

Einstellung mangels Aktiven als Regelfall: Eine Auswertung der statistischen Zahlen des BfS für die Jahre 2009 bis 2018 zeigt, dass 57.97% aller Konkursverfahren nicht durchgeführt, sondern mangels Aktiven sogleich wieder eingestellt wurden (dabei werden je Kalenderjahr die Konkurserledigungen mit den im ordentlichen und summarischen Verfahren durchgeführten Verfahren in Relation gesetzt). Die Zahlen je Kalenderjahr schwanken in den letzten zehn Jahren nur geringfügig und haben sich auch 2019 und 2020 nicht wesentliche verändert. Im Jahr 2022 hat sich die Quote auf über 64% erhöht (9’897 Einstellungen mangels Aktiven von insgesamt 15’425 Konkursverfahren).  Verweis: Zur (sehr geringen) Häufigkeit der Durchführung von Konkursen im ordentlichen Verfahren vgl. oben

Folgen der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven

Konkursbeschlag und Verfügungsbefugnis

Aufhebung des Konkursbeschlags: Mit Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven wird der – mit der Konkurseröffnung bewirkte – Konkursbeschlag der Gläubiger aufgehoben. BGE 127 III 371 E. 4b  BGE 102 III 85 E. 2.  BGE 90 II 247 E. 2. BGer 2C_142/2022 E. 1.3.2  BGer 5A_914/2021 E. 6.1.1  BGer 5A_92/2021 E. 1.1  BGer 5A_306/2014 E. 3.3.1.  BGer 4A_163/2014 E. 2.1. (mit Verweis auf BGE 90 II 247 E. 2) BGer (16.7.1985) (BlSchK 1988 Nr. 29) E. 2  AB BE ABS 17 284 E. 11.1.  OGer BE SK 16 143 E. 11.3.  AB BL 420 12 263 E. 2  KGer GR ZF 04 92 E. 1b (mit Verweis auf BGE 90 II 247 E. 3, ZR 1996 Nr. 29) AB BS (12.5.2003) (BlSchK 2004 Nr. 6) E. III.  AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff. E. 1b)  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)
(OGer ZH ZR 1996 Nr. 29 E. 2b)

(BlSchK 1996 Nr. 29)  AB SO ZZ.1992.15 E. 2a  KGer SZ (8.1.1979) (BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2) Es besteht kein Massevermögen mehr. BGE 102 III 85 E. 2.  BGer 7B.87/2006 E. 2.  AB BE ABS 17 284 E. 11.1.  AB BL 420 12 263 E. 2  AB BS (12.5.2003) (BlSchK 2004 Nr. 6) E. III  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)  KGer SZ (8.1.1979) (BlSchK 1981 Nr. 13) E. 2  Bis zur Löschung ihres Eintrags im Handelsregister wird die Gesellschaft über ihr allfällig noch vorhandenes Vermögen vollumfänglich verfügungsfähig.  BGer 5A_92/2021 E. 1.1

Wegfall der Befugnisse des Konkursamtes: Mit der definitiven gerichtlichen Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven und dem Ablauf der Frist nach Art. 230 Abs. 2 SchKG fallen alle (über Art. 230 Abs. 2 SchKG hinausgehenden) Befugnisse der Konkursverwaltung hinsichtlich der Verwaltung und Verwertung der Masse dahin. BGE 127 III 371 4b  BGE 102 III 78 E. 2 BGer 2C_142/2022 E. 1.3.2  BGer 9C_56/2023 E. 2.3.2  BGer 5A_914/2021 E. 6.1.1 BGer 5A_306/2014 E. 3.3.1. (mit Verweis auf BGE 102 III 78 E. 3a, 90 II 247 E. 2)  BGer 5A_665/2012 E. 3.4.3.  BGer 4A_188/2008 E. 4.4.  BGer 7B.87/2006 E. 2.  BGer 5A.28/2004 E. 5.2.  BGer (16.7.1985) (BlSchK 1988 Nr. 29) E. 2  BVGer A-5172/2014 E. 9.3.5. CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.1.  AB BE ABS 17 284 E. 11.2.  KGer VD ML/2014/126 E. IV.c.  CdJ GE DCSO/243/2013 E. 1.3.2.  CdJ GE DCSO/211/2011 E. 2.2.

Bei einer juristischen Person: Das oberste Leitungsorgan der Gesellschaft ist wieder zuständig für die Gesellschaft. Allerdings haben sich dessen Handlungen auf den Zweck der Liquidation der Gesellschaft zu beschränken, wobei Vermögenswerte, welche es wert sind, liquidiert zu werden, zu liquidieren sind.  BGer 2C_142/2022 E. 1.3.2

Abtretungsverfügungen gemäss Art. 260 SchKG: Nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven kann keine Abtretung gemäss Art. 260 SchKG (mehr) erfolgen.  BVGer A-5172/2014 E. 9.3.4.  KGer VD Plainte/2016/37 E. II.a/aa  AB GE DCSO/303/2003 E. 5.b  Eine nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ausgestellte Abtretung ist nichtig.  GVP ZG 2000 S. 153 ff. E. 1.c  –  Das Konkursverfahren ist nicht allein deshalb weiterzuführen, um den Gläubigern die Möglichkeit zu geben, die Abtretung von Forderungen zu verlangen.  BVGer A-5172/2014 E. 9.3.7.  Ein Gläubiger, der sich Ansprüche abtreten lassen will, muss den Kostenvorschuss leisten, um das Konkursverfahren (wenigstens im summarischen Verfahren) durchführen zu lassen.  BGE 141 III 590 E. 3.4.1. BVGer A-5172/2014 E. 9.3.4.  AB GE DCSO/303/2003 E. 5.b (mit Verweis auf BGE 102 III 78)

Gemeinschuldner erlangt Verfügungsmacht wieder: Der Gemeinschuldner erlangt wieder das Verfügungsrecht über sein Vermögen.  BGer 9C_56/2023 E. 2.3.2  BGer 5A_914/2021 E. 6.1.1 BGer 7B.87/2006 E. 2.  BGer 7B.97/2004 E. 4 (mit Verweis auf BGE 58 III 3)  HGer ZH HG210090 E. 1.3  CdJ GE DCSO/268/2023 E. 2.1.6  KGer VD ML/2017/154 E. II.a  OGer BE SK 16 143 E. 11.3.  OGer ZH PP160012 E. 3.3.
(ZR 2016 Nr. 41)

  KGer VD Jug/2014/328 E. III.c  KGer VD ML/2014/126 E. IV.c  KGer VD ML/2014/130 E. IV.c  KGer GR ZK2 10 70 E. 5a  KGer GR ZF 04 92 E. 1b (mit Verweis auf BGE 90 II 247 E. 3, ZR 1996 Nr. 29) AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff.) E. 1b  OGer ZH ZR 1996 Nr. 29 E. 2b (BlSchK 1996 Nr. 29)  AB SO ZZ.1992.15 E. 2a  Die Aktiven haften aber den Gläubigern des Schuldners.  BGer 9C_56/2023 E. 2.3.2

Ausnahme 1: Im Nachlasskonkurs: Bei einem Konkurs über eine ausgeschlagene Erbschaft bleibt das Konkursamt auch nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven weiterhin für die Abwicklung zuständig. Es darf zwar keine Verwertungshandlungen mehr vornehmen, hat aber die Verwaltung der Aktiven zu gewährleisten.  BGer 5A_651/2020 E. 3.3.1. Dem mit der konkursamtlichen Liquidation betraut gewesenen Konkursamt kommen nach Einstellung des Verfahrens nur noch gewisse Verwaltungsaufgaben und Übertragungspflichten hinsichtlich allfälliger zum Nachlass gehörender Aktiven zu (Art. 230a Abs. 1 SchKG). OGer ZH LY120051 E. 4

Kommentar 8: Bei Einstellung des Konkurses über eine ausgeschlagene Erbschaft kommt Art. 230a SchKG zur Anwendung. Insofern bleibt der Konkursbeschlag in Bezug auf alle Erbschaftsaktiven bestehen, bis das entsprechende Verfahren abgeschlossen ist.

Ausnahme 2: Pfandobjekte bei juristischen Personen: Art. 230a Abs. 2 SchKG ist dahingehend aufzufassen, dass die Einstellung des Konkursverfahrens und der darauf gestützte Schluss des Konkursverfahrens seine Wirkung nicht wie gewöhnlich auf das gesamte Konkursmassevermögen entfalten, sondern dass jeder Pfandgläubiger durch seine diesbezügliche Erklärung das ihm haftende Pfandobjekt von der Konkurseinstellung bzw. Schlusswirkung ausnehmen kann. Folge davon ist, dass alsdann, anstatt der Generalliquidation zugunsten sämtlicher Gläubiger, nur eine Spezialliquidation des betreffenden Pfandobjektes stattfindet. BGer 5A_896/2010 E. 4.2.2. (mit Verweis auf BGE 56 III 120) Der Konkursbeschlag bleibt somit bestehen, soweit sich in der Konkursmasse mit Pfandrechten belastete Vermögenswerte befinden. BGer 5A_606/2019 E. 3.1.  AB BE ABS 17 284 E. 11.2., E. 12.3. Verweis: zur Spezialliquidation vgl. Art. 230a Abs. 2

Ausnahme 3: Wiederaufleben früherer Betreibungen: Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach Einstellung des Konkurses wieder auf (Art. 230 Abs. 4 Satz 1 SchKG). Aktiven, welche vor Konkurseröffnung gepfändet waren, unterliegen eo ipso wieder dem Pfändungsbeschlag (vgl. unten).

Vorgehen beim Vorliegen von Barbeträgen: Wird das Konkursverfahren mangels Aktiven geschlossen, so sind vorhandene Barbeträge durch das Konkursamt an die Gläubiger zu verteilen, wobei die bei Entdeckung neuen Vermögens nach Einstellung des Verfahrens nach Art. 230 SchKG anwendbaren Grundsätze sinngemäss heranzuziehen sind. BGE 102 III 78 E. 5 BGer 5A_914/2021 E. 6.1.1 BGer 7B.256/2002 E. 1.2.  CdJ GE DCSO/268/2023 E. 2.1.6  Die Verteilung an die Gläubiger erfolgt formlos nach den allgemeinen Regeln, d.h. vorrangige Befriedigung der (fälligen) pfandgesicherten Forderungen. Vorausgesetzt ist, dass die Gläubigerrechte im Rahmen eines vorgängigen Kollokationsverfahrens festgestellt worden sind. BGer 7B.256/2002 E. 1.2.

Kommentar 9: Die Grundregel ist, dass Auszahlungen an Gläubiger nur aufgrund eines rechtkräftigen Kollokationsplans erfolgen können. Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, in welchem Stadium der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird:

(i) Im Regelfall findet die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven kurz nach Konkurseröffnung statt, wenn nach erfolgter Inventarisierung der Vermögenswerte (Art. 221, Art. 227 SchKG) nicht genügend werthaltige Aktiven vorhanden sind, um die Verfahrenskosten decken zu können. In diesen Fällen, findet weder ein Schuldenruf noch eine Kollokation statt, so dass keine Zahlungen an Gläubiger ausgerichtet werden können.

(ii) In selteneren Fällen, wird der Konkurs zunächst im ordentlichen oder summarischen Verfahren geführt und erst in dessen Verlauf mangels Aktiven wiedereingestellt. Sofern in diesem Zeitpunkt noch kein rechtskräftiger Kollokationsplan vorliegt, dann können ebenfalls keine Auszahlungen an die Gläubiger erfolgen.

(iii) Findet die Einstellung des Konkurses dagegen in einem solch späten Stadium des Verfahrens statt, so dass schon ein rechtskräftiger Kollokationsplan vorliegt, können Auszahlungen an Gläubiger vorgenommen werden. Vorausgesetzt ist, dass alle Verfahrenskosten (als Masseverbindlichkeiten; Art. 262 SchKG) bezahlt sind.

Verweis: Zum Verhältnis der Haftung des Gläubigers für die Kosten des eingestellten Konkursverfahrens (Art. 169 Abs. 1 SchKG) zum Pfändungsbeschlag von wiederauflebenden Betreibungen vgl. unten

In Bezug auf bei Konkurseröffnung hängige Prozesse

Ende der Sistierung von hängigen Prozessen (Art. 207 SchKG): Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven endet die Sistierung und hängige Prozesse können weitergeführt werden. OGer ZH LA180005 E. 3  OGer ZH LA170034 E. 3a  OGer ZH RU170075 E. 2  OGer ZH NP170007 E. 3  HGer ZH HG160219 E. 1  OGer ZH PP160012 E. 3.3.  KGer VD Pron/2012/47
BezGer ZH ZR 1984 Nr. 3 E. 2

  vgl. auch KGer SG RZ.2010.69 E. II.1. Verweis: zur Frage, ob der Prozess in der Sache fortgeführt werden kann oder zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben werden muss vgl. sogleich unten

Hängiger (Passiv-)Prozess, wenn der Gemeinschuldner eine natürliche Person ist: Die natürliche Person (als Schuldner) bleibt weiterhin passivlegitimiert und die Prozessführungsbefugnis ist nach abgeschlossenem Konkurs wieder an sie zurückgefallen. Der Beklagte kann auch noch ein Interesse haben, die eingeklagte Forderung zu bestreiten, da gegen ihn nunmehr die Betreibung auf Pfändung möglich ist (Art. 230 Abs. 3 SchKG). Dem Beklagten ist daher die Möglichkeit zu geben, sich über die Weiterführung des Prozesses dem Gericht gegenüber verbindlich zu äussern. Dem Beklagten ist daher Frist anzusetzen, um die Weiterführung des Prozesses zu verlangen. Im Säumnisfalle ist Verzicht des Beklagten auf Weiterführung anzunehmen und der Prozess als durch Anerkennung der eingeklagten Forderung erledigt abzuschliessen.
BezGer ZH ZR 1984 Nr. 3 E. 3

Hängiger Prozess bei ausgeschlagener Erbschaft: Die Erbschaft als solche ist in einem Aberkennungsprozess zufolge Betreibungsfähigkeit (Art. 40 SchKG) zwar als parteifähig zu erachten (BGE 102 II 385, 388). Nach Einstellung der konkursamtlichen Liquidation gemäss Art. 230 SchKG besteht indes keine Erbmasse mehr, die betrieben werden könnte. Die allenfalls noch vorhandenen Erbschaftsaktiven bilden kein Sondervermögen mehr, sondern fallen an die Erbberechtigten (Art. 230a Abs. 1 SchKG). OGer ZH LB100083 E. II.2. Kann die konkursamtliche Erbschaftsliquidation mangels Aktiven nicht durchgeführt werden, so ist kein Rechtssubjekt mehr vorhanden, welches den Prozess weiterführen konnte. Ein hängiger Prozess ist als gegenstandslos abzuschreiben. OGer ZH LY120052 E. 4 (in Bezug auf Zuteilung der Obhut über Nachkommen und der ehelichen Liegenschaft) OGer ZH LY120051 E. 4 (in Bezug auf Unterhaltsansprüche) OGer ZH LB100083 E. II (in Bezug auf einen Aberkennungsprozess) – Wenn alle Erben die Erbschaft ausschlagen, die konkursamtliche Liquidation angeordnet, der Konkurs mangels Aktiven eingestellt und auch kein Abtretungsvertrag gemäss Art. 230a Abs. 1 SchKG zustande kommt, dann findet keine Rechtsnachfolge statt. Aufgrund dessen ist ein beim Tod der Person rechtshängiger Prozess als gegenstandslos geworden abzuschreiben. OGer UR OG Z 12 1

Hängiger Prozess, wenn der Gemeinschuldner eine juristische Person ist: : In Bezug auf hängige Verfahren springt die Prozessführungsbefugnis an den Gemeinschuldner zurück.  BGer 9C_56/2023 E. 2.3.2  Die Einstellung des Konkurses zerstört die Rechtspersönlichkeit der juristischen Person noch nicht. Diese erhält vielmehr die Verfügungsmacht über den Prozess zurück. Dieser ist damit nicht einzustellen, sondern weiterzuführen. BGer 2C_142/2022 E. 1.3.2  OGer ZH RU170075 E. 2  OGer ZH NP170007 E. 3  OGer ZH PP160012 E. 3.3.
(ZR 2016 Nr. 41)

 MietGer ZH MG160033 E. 3  KGer GR ZK2 11 61 E. 2c/bb  KGer GR ZK2 10 70 E. 5a  OGer ZH ZR 1996 Nr. 29 E. 2a/b (BlSchK 1996 Nr. 29) – Dies gilt etwa für einen Anfechtungsprozess, welchen ein Pfändungsverlustscheingläubiger eingeleitet hat (und welcher zufolge Konkurseröffnung zunächst sistiert wurde) nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven KGer GR PKG 2001 Nr. 5 E. 2a, für ein Aberkennungsverfahren oder für eine Klage nach Art. 85a SchKG. OGer ZH PP160012 E. 3.2./.3.3.
(ZR 2016 Nr. 41)

  OGer ZH PS130075 E. 6 contra: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven über eine juristische Person fehlt es in Bezug auf eine (vor Konkurs eingeleitete) Forderungsklage an einem Haftungssubtrat. Diese Forderung ist zwar mit der Konkurseinstellung nicht untergegangen und auch die belangte Schuldnerin ist noch vorhanden. Die Konkurseinstellung mangels Aktiven wirkt sich jedoch insofern aus, als der Beklagten keine frei verfügbaren Aktiven mehr zur Verfügung stehen und auch keine Möglichkeit besteht, dass sie frei verfügbare Aktiven künftig erwerben könnte. Wenn aus diesen Gründen eine neue Betreibung einer Aktiengesellschaft i.S.v. Art. 230 Abs. 3 SchKG nicht möglich ist (BGE 56 III 189), so ist auch eine Weiterführung eines Forderungsprozesses gegen eine juristische Person, von der angesichts der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven feststeht, dass sie über keinerlei freie Aktiven verfügt, nicht nur sinnlos, sondern auch rechtlich unmöglich. Die Klage erweist sich somit als gegenstandslos, weshalb der Prozess entsprechend abzuschreiben ist.
HGer ZH ZR 1977 Nr. 125 E. 4

Verweis: zur Situation nach Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister vgl. unten

Kommentar 10: Die zweitgenannte Ansicht des Zürcher Handelsgerichts ist unzutreffend. Dies mag damit zusammenhängen, dass schon die Prämisse, nämlich dass eine juristische Person nach Einstellung mangels Aktiven nicht mehr (neu) betrieben werden könne, unzutreffend bzw. überholt ist (vgl. dazu unten). Dagegen erweist sich die erstgenannte Ansicht als sinnfällig und zutreffend. Das Obergericht Zürich hat sich denn ausdrücklich gegen den Entscheid des Handelsgerichts ausgesprochen. OGer ZH ZR 1996 Nr. 29 E. 2a (BlSchK 1996 Nr. 29)

Hängiger Prozess um Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Art. 837 ZGB): Prozessual ist zu beachten, dass für die Dauer des Konkursverfahrens die ordentlichen Zivilgerichte nicht mehr zuständig sind, um eine Klage auf definitiven Grundbucheintrag eines Bauhandwerkerpfandrechts zu beurteilen und einen definitiven Grundbucheintrag beim Grundbuchamt anzumelden. Heisst das Gericht das Begehren um vorläufige Eintragung gut, so ist von einer Fristansetzung an den Baupfandgläubiger zur Klage auf definitive Eintragung abzusehen. Stattdessen hat das Gericht die Konkursverwaltung aufzufordern, es gegebenenfalls über die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven (oder über einen Widerruf des Konkurses) zu informieren. Tritt dieser Fall ein, setzt das Gericht dem Baupfandgläubiger nachträglich Frist an zur Klage im ordentlichen Verfahren. Wird das Konkursverfahren durchgeführt, erfolgt die Beurteilung im Konkursverfahren (im Rahmen der Kollokation). HGer ZH HE170201 E. 4  HGer ZH HE160088 E. 4.1.  HGer ZH HE150076 E. 3.2./3.3.  HGer ZH HE140187 E. 5

Hängiges Verfahrens betreffend Organisationsmängel (Art. 731b OR): Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven wird ein Verfahren betreffend Organisationsmängel (Art. 731b OR) gegenstandslos. HGer ZH HE120204  HGer ZH HE120250  HGer ZH HE110523 

Verwaltungsbefugnis beim Nachlasskonkurs

Bei einem Konkurs über eine ausgeschlagene Erbschaft bleibt das Konkursamt auch nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven weiterhin für die Abwicklung zuständig. Es darf zwar keine Verwertungshandlungen mehr vornehmen, hat aber die Verwaltung der Aktiven zu gewährleisten.  BGer 5A_651/2020 E. 3.3.1.

Sonstige Folgen

Unzulässigkeit eines Nachkonkurses (Art. 269 SchKG): Da bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven die Gläubigerrechte nicht festgestellt werden, kann kein Nachkonkurs i.S.v. Art. 269 SchKG stattfinden. BGE 110 II 396 E. 2  BGE 90 II 247 E. 2.  BGE 87 III 72 E. 3  BGer 4A_467/2018 E. 5.2.  BGer 7B.256/2002 E. 1.2.  BGer (16.7.1985) (BlSchK 1988 Nr. 29) E. 2  BVGer A-6168/2018 E. 3.2  OGer ZH PS220147 E. 3.1  CdJ GE DCSO/58/2017 E. 2.1.  CdJ GE ATAS/164/2016 E. 7b  CdJ GE DCSO/379/2015 E. 2.2.  KGer VD ML/2014/126 E. IV.c.  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.5.  AppGer TI 11.2009.160 E. 14  KGer GR SKG 07 10 E. 4.  CdJ GE DCSO/18/2007 E. 2b  AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff. E. 1c)  KGer NE CCC.1998.7473 E. 2a  AB SO ZZ.1992.15 E. 2a Hinweis: Möglich ist aber eine Wiedereröffnung des Konkurses vgl. dazu Wiederöffnung des Konkurses

Wiederaufleben früherer Betreibungen: Verweis: vgl. dazu unten Abs. 4  

Keine Konkursverlustscheine: Bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven werden keine Konkursverlustscheine ausgestellt BGer 5A_684/2018 E. 8.2.  KGer VD Failite/2018/19 E. II.c  AB VD Plainte/2015/13 E. IIIb  AB TI 15.2012.107  CdJ GE DCSO/272/2009 E. 1c  AB TI 15.2002.7 E. 7b  AB TI 15.2001.234 E. 5 
BezGer ZH (ER) ZH (ZR 1995 Nr. 52) E. III.2.3.

, so dass der Schuldner in neuen Betreibungen nicht die Einrede des fehlenden neuen Vermögens erheben kann. BGE 133 III 614 E. 6.1.  BGer 5A_687/2018 E. 4.1.  AB BE ABS 19 251 E. 11.3.  KGer FR 102 2019 3 E. 3.2.  KGer VD ML/2017/267 E. IIIb  KGer VD ML/2016/198 E. Ib  CdK GE DCSO/317/2015 E. 2.1.2.  AB TI 15.2015.107  AB TI 15.2012.107  CdJ GE DAAJ/102/2007 E. 3.1. OGer TG (RBOG 1998 NR. 14) E. 2b  OGer SO SOG 1997 Nr. 11 – Wenn der Schuldner in einer neuen Betreibung gleichsam die Einrede des fehlenden neuen Vermögens erhebt, dann hat nicht der Betreibungsbeamte, sondern nur der Richter darüber zu befinden, ob die Einrede überhaupt zulässig ist, so dass das Betreibungsamt den Zahlungsbefehlt dem Richter zum Entscheid zu unterbreiten hat (Art. 265a Abs. 1 SchKG). BGE 124 III 379 E. 3  CdJ GE DAAJ/102/2007 E. 3.1. AB ZG (21.10.2005) (GVP 2005 198 ff.) E. 3 (mit Verweis auf BGE 124 III 379, BGE 108 III 6 E. 2, BGE 59 III 126)

Kein Ende der Rechtspersönlichkeit bei juristischen Personen: Die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven zerstört die Rechtspersönlichkeit von juristischen Personen noch nicht. OGer ZH RU170075 E. 2  OGer ZH NP170007 E. 3  OGer ZH PP160012 E. 3.3.
(ZR 2016 Nr. 41)

MietGer ZH (ZMP 2016 Nr. 2) E. 3  KGer GR ZK2 11 61 E. 2c/bb  KGer GR ZK2 10 70 E. 5a
(HGer ZH ZR 1977 Nr. 125 E. 4)

  Verweis: Zur Folge der Löschung der juristischen Person im Handelsregister vgl. unten – Die Forderungen der Gläubiger gehen (noch) nicht unter.
HGer ZH ZR 1977 Nr. 125 E. 4

  Verweis: Zur Folge der Löschung der juristischen Person im Handelsregister vgl. unten

Schlusserkenntnis       

Notwendigkeit eines Schlusserkenntnisses (Art. 268 Abs. 2 SchKG)?: Auch bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven hat der Konkursrichter eine Schlussverfügung (Art. 268 Abs. 2 SchKG) zu erlassen (vgl. Art. 93 Satz 2 KOV). BGer Sion LP 95 53 E. 2.1.  AB TI 14.2004.76 E. 2 vgl. auch BGE 134 III 136 E. 2.2. (Pra 2008 Nr. 107) AB VD Plainte/2016/33 E. IIa Nach Ablauf der Depositionsfrist obliegt es einzig dem Konkursgericht festzustellen, ob die Voraussetzungen für den Schluss des Konkursverfahrens gegeben sind. AB AR 3597 E. 1.5.3 zu b  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.3. Dies umfasst auch die Versicherung, dass innert nützlicher Frist keine Sicherheit geleistet worden ist. KGer VD Failite/2014/38 E. IIboffengelassen: BGer 5A_840/2015 E. 3.3. spricht nur von einer „allfälligen Schlussverfügung“ vgl. auch BGE 74 III 75 E. 1contra: Der Konkursrichter muss keine besondere Schlussverfügung erlassen. BGer 5A_914/2021 E. 6.1.2 BGer 5A_592/2015 E. 1.2. CdJ GE ACJC/1007/2014 E. 3.2.

Kommentar 11: Ein Schlusserkenntnis ergeht an sich nur, wenn das Konkursverfahren bis zum Ende abgewickelt worden ist (Art. 268 Abs. 2 SchKG; BGer 5A_50/2015 E. 3.3.). Ob bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ebenfalls ein Schlusserkenntnis erforderlich ist, regelt das Gesetz (und m.E. auch Art. 93 Satz 2 KOV) nicht. Es sind drei Konstellationen zu unterscheiden:

(i) In gewissen Konstellationen ist nach Einstellung des Konkurses keine partielle Fortsetzung im Sinne einer Spezialliquidation möglich. Dies gilt für Konkursverfahren über (lebende) natürliche Personen sowie über juristische Personen, wenn keine Pfandobjekte bestehen (Art. 230a SchKG e contrario). In diesen Fällen würde ein Schlusserkenntnis einer blossen Bestätigung des (bedingten) Einstellungsbeschlusses entsprechen und sich im Wesentlichen in der Feststellung erschöpfen, dass kein Gläubiger den Vorschuss geleistet hat. Eine solche Duplizität macht schon aus verfahrensökonomischen Gründen keinen Sinn. Ein Schlusserkennnis ist entbehrlich. Andererseits schadet es auch nichts.

(ii) Bei Einstellung des Konkurses über eine ausgeschlagene Erbschaft ist immer eine Spezialliquidation gemäss Art. 230a Abs. 1, 3 und 4 SchKG durchzuführen. Es ist deshalb angezeigt, nach Abschluss ein formelles Schlusserkenntnis zu machen, auch wenn es such „nur“ um eine Spezialliquidation handelt (welche aber durch eine Konkurseröffnung ausgelöst wurde).

(iii) Bei der Einstellung des Konkurses über eine juristische Person, welche Pfandobjekte hat, findet ebenfalls immer eine Spezialliquidation statt (Art. 230a Abs. 2 SchKG). Auch in diesen Fällen ist es deshalb angezeigt, nach erfolgtem Abschluss ein formelles Schlusserkenntnis zu erlassen.

Verweis: vgl. zu Art. 230a SchKG

Bedeutung des Schlusserkenntnisses: Dem Schlusserkenntnis kommt nur deklaratorische Bedeutung zu. BGE 130 III 481 E. 2.2. (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) BGer 5A_914/2021 E. 6.1.2 BGer 5A_840/2015 E. 3.3.  BGer 5A_592/2015 E. 1.2. OGer ZH PS220127 E. 5  CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.1.  CdJ GE DCSO/353/2018 E. 2.2.  CdJ GE DCSO/58/2017 E. 2.1.  CdJ GE DCSO/379/2015 E. 2.1.  CdJ GE DCSO/243/2013 E. 1.3.2.  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.4.  CdJ GE DCSO/211/2011 E. 2.3.  CdJ GE DCSO/272/2009 E. 1b  CdJ GE DCSO/261/2007 E. 2b – Sofern ein Verfahren nach Art. 230a SchKG zur Anwendung kommt (vgl. dazu Art. 230a) und dieses noch nicht abgeschlossen ist, kann der Konkursrichter nicht das Schlusserkenntnis (gemäss Art. 268 Abs. 2 SchKG) erlassen. Verweis: vgl. Art. 230a SchKG

Schlusserkenntnis uno actu mit dem Einstellungsentscheid?: Bisweilen wird mit der Einstellungsverfügung des Konkursrichters auch gleich angeordnet, dass der Konkurs bei Nichtleisten der Sicherheit innert Frist als geschlossen gilt. Man kann sich fragen, ob der Konkursrichter nicht dennoch in jedem Fall nach Ablauf der Frist sich darüber zu vergewissern hat, ob die Sicherheit nun in rechtswirksamer Weise geleistet wurde bzw. noch rechtswirksam geleistet werden könnte. BGE 74 III 75 E. 1

Kommentar 12: Ein solches Vorgehen ist unzulässig. Es obliegt dem Konkursgericht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Schluss des Konkursverfahrens gegeben sind, was mitumfasst, festzustellen, dass innert nützlicher Frist keine Sicherheit geleistet worden ist (vgl. oben). Diese Prüfung kann schon aus logischen Gründen nur ex post nicht aber ex ante „auf Vorrat“ erfolgen, weshalb ein Vorgehen uno actu nicht zulässig ist.

Keine Publikation des Konkursschlusses: Wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird, muss der Schluss des Konkursverfahrens (Art. 268 Abs. 4 SchKG) nicht mehr publiziert werden (Art. 93 Satz 2 KOV). CdJ GE DCSO/346/2018 E. 2.1.1.  CdJ GE DCSO/70/2012 E. 2.4.

Weiterbestehen von juristischen Personen

Rechtsfähigkeit: Nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven über eine juristische Person besteht deren Rechts- und Parteifähigkeit fort. HGer ZH HG200104 E. 1.3  Die Gesellschaft verliert ihre Rechtspersönlichkeit nicht bereits mit der Einstellung, sondern erst mit der Löschung im Handelsregister BGer 5A_92/2021 E. 1.1 im Laufe der zwei Jahre oder – bei einem Einspruch – nach durchgeführter Liquidation. KGer SG BES.2021.69 E. 3

Tragung der Kosten des mangels Aktiven eingestellten Konkursverfahrens

Haftung für die Kosten des Konkursverfahrens/Grundsatz: Primär haftet das Massavermögen für die im Verfahren entstandenen Kosten (Art. 262 SchKG). AB GR KSK 17 46 S. 4  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25) Die Haftung des antragstellenden Gläubigers ist gegenüber der Haftung des Massavermögens subsidiär, sofern der Konkurs durchgeführt wird. AB BL 420 12 263 E. 2

Es sind vier Konstellationen zu unterscheiden:

(i) Bis zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven/wenn genügend liquide Mittel vorhanden sind: Bis zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ist das Konkursamt ohne Weiteres berechtigt, anfallenden Kosten aus dem Massevermögen zu tilgen, soweit hierfür liquide Mittel wie Bargeld oder rasch realisierbare Aktiven (Postcheck- oder Bankguthaben, fällige Forderungen oder andere Werte) zur Verfügung stehen. KGer SZ (BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2) In diesem Fall sind die gesamten Kosten inkl. Gebühren aus diesen Mitteln zu bestreiten. AB BS (12.5.2003) BlSchK 2004 Nr. 6 E. III  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)  AB ZH BlSchK 1955 Nr. 6 – Dem antragstellenden Gläubiger ist deshalb der von ihm geleistete Kostenvorschuss zurückzuerstatten. AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)

(ii) Nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven/wenn keine liquide Mittel beim Konkursamt vorhanden sind: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven besteht keine Konkursmasse mehr BVGer A-5172/2014 E. 9.3.5.  AB BL 420 12 263 E. 2, aus welcher die durch den Konkurs entstanden Kosten erhoben werden können. BGE 102 III 85 E. 2.  BGer 7B.87/2006 E. 2.  AB BS (12.5.2003) BlSchK 2004 Nr. 6 E. III  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)  KGer SZ (8.1.1979) BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2 Bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven haftet der Gläubiger mangels eines Massevermögens. AB BL 420 12 263 E. 2  Bestehen im Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens bereits ungedeckt gebliebene Kosten, ist deren Übernahme durch den Staat grundsätzlich nicht vorgesehen, denn den Massagläubigern haftet nur das Massavermögen.  OGer ZH PS220049 E. 4.2  Die Haftung für Kosten, die durch die Konkursmasse nicht gedeckt werden, wollte der Gesetzgeber dem den Konkurs beantragenden Gläubiger überbinden, und nicht dem Staat. Der Staat soll durch die Sicherstellung seiner Kostenforderungen geschützt werden. OGer LU LGVE 1999 I Nr. 44 – Eine Verfügung des Konkursgerichts, wonach die Kosten des (mangels Aktiven eingestellten) Konkursverfahrens aus dem Massavermögen zu bezahlen seien, ordnete etwas Unmögliches an und ist deshalb als unbeachtlich zu betrachten. BGE 102 III 85 E. 2.  KGer SZ (8.1.1979) BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2

(iii) Nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven/wenn noch liquide Mittel beim Konkursamt vorhanden sind und keine Pfändungen wiederaufleben: Sofern liquide Mittel der Konkursmasse durch Vermischung ins Eigentum des Konkursamtes bzw. des Kantons übergegangen sind, so darf das Konkursamt nach der Einstellung des Konkursverfahrens dem (obligatorischen) Herausgabeanspruch des Gemeinschuldners seine eigene Forderung auf Deckung der Konkurskosten entgegenhalten und beide Forderungen miteinander verrechnen.  AB BS (12.5.2003) BlSchK 2004 Nr. 6 E. III  Enthält die Konkursmasse Bargeld oder andere Aktiven, die rasch realisiert werden können (Postcheckguthaben, Bankguthaben, fällige Forderungen oder ähnliche Werte), so können die Kosten des Konkursverfahrens aus diesen Mittel gedeckt werden  KGer SZ BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2  Aus dem Grundsatze des Gesetzes, dass der Schuldner die Kosten letztlich zu tragen hat, muss geschlossen werden, dass die Konkurskosten soweit als möglich aus diesen Aktiven gedeckt werden können.  AB ZH BlSchK 1955 Nr. 6

(iv) Nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven/wenn noch liquide Mittel beim Konkursamt vorhanden sind und frühere Betreibungen wiederaufleben (Abs. 4):

Kommentar 22: Zum einen gilt das unter (ii) Gesagte entsprechend: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven besteht keine Konkursmasse mehr, aus welcher die durch den Konkurs entstanden Kosten erhoben werden können. Es haftet der Gläubiger mangels eines Massevermögens. Die Haftung für Kosten, die durch die Konkursmasse nicht gedeckt werden, wollte der Gesetzgeber dem den Konkurs beantragenden Gläubiger überbinden. Zum andern enden die Befugnisse des Konkursamtes und der Konkursbeschlag fällt dahin (vgl. oben). Aktiven (einschliesslich Barbeträgen), welche in früheren Betreibungen vor Konkurseröffnung gepfändet waren, fallen mit Einstellung des Konkurses (mangels Aktiven) in den ex lege wiederauflebenden Betreibungen (Art. 230 Abs.4 Satz 1 SchKG; vgl. unten) unter den früheren Pfändungsbeschlag. Damit können m.E. die Kosten des (mangels Aktiven) eingestellten Konkursverfahrens nicht aus solchen Aktiven bzw. nicht aus wieder der Pfändung unterliegenden Beträgen gedeckt werden.

Umfang der Haftung des Gläubigers, der das Konkursbegehren stellt (Art. 169 SchKG): Die Haftung des Gläubigers, welcher das Konkursbegehren stellt (Art. 169 SchKG), erstreckt sich auf die Kosten bis zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven und nicht nur bis zum Entscheid, welcher die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven verfügt. Dies bedeutet, dass der Gläubiger weiterhin für die Kosten aufkommen muss, bis und mit Schluss des Konkurses mangels Aktiven, d.h. bis zur Schlussverfügung durch das Gericht gemäss Art. 268 Abs. 2 SchKG (vgl. dazu unten). BGE 134 III 136 E. 2.2. (Pra 2008 Nr. 107) AB VD Plainte/2016/33 E. IIa

Sachlicher Umfang der Konkurskosten: Unter die Konkurskosten gemäss Art. 169 SchKG fallen die Gebühren, Entschädigungen und Auslagen gemäss GebV SchKG. BGE 134 III 136 E. 2.1. (Pra 2008 Nr. 107) AB VD Plainte/2016/33 E. IIb

Abrechnung der Kosten zuhanden des Gläubigers, welcher die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt: Eine definitive Kostenaufstellung erfolgt im Rahmen der Endabrechnung des Konkursamtes. OGer ZH PS150228 E. 3c  OGer ZH PS150172 E. 2.2 Wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird, muss das Konkursamt eine Zusammenstellung der Kosten und Gebühren machen
(OGer ZH ZR 2009 Nr. 2 E. II.3.)

, um diese vom antragstellenden Gläubiger in Form einer anfechtbaren Verfügung einzuverlangen. AB VD Plainte/2016/33 E. IIa

Rückgriff des Gläubigers auf den Schuldner: Nach der Einstellung des Konkursverfahrens hat sich der kostentragende Gläubiger an den Gemeinschuldner zu halten, den er während zwei Jahren auch für solche Kosten auf Pfändung betreiben kann. AB BS (12.5.2003) (BlSchK 2004 Nr. 6 E. III) (mit Verweis auf BGE 102 III 87; BlSchK 2000 S. 103 f., BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2) KGer SZ (BlSchK 1981 Nr. 13 E. 2) Verweis: zur Geltendmachung dieser Kosten in einer neuen Betreibung vgl. Abs. 3  

Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister

Geändertes Regime per 1. Januar 2021: Das gesetzliche Regime für die Löschung der schuldnerischen Gesellschaft bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven wurde per 1. Januar 2021 geändert (AS 2020 987 ff.). Erläuternder Bericht, 14 Damit soll eine effektivere Rechtsverfolgung möglich gemacht werden, die heute unter Umständen durch die rasche Löschung vereitelt wird. BBl 2019 5210 f.

Kommentar 14: Diese Revisionsbestrebungen sind insofern zu begrüssen, dass sie das Problem angehen wollen. Sie sind aber zu starr und gehen teilweise am Problem vorbei: Indem die Frist zur Löschung von drei Monaten auf zwei Jahre verlängert wird, bleibt zwar mehr Zeit, um zu handeln (womit ein wesentlicher Teil der kritischen Fälle adressiert wird), aber die Regelung ist und bleibt starr. Sie schafft zudem während zwei Jahren „Registerleichen„.

Konzeptionell unvollständig ist, dass nur die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven erfasst wird (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV) nicht aber der Fall der Löschung zufolge Abschluss des Konkursverfahrens (Art. 159a Abs. 1 lit. b HRegV). Diese Konstellation, bei welcher Abtretungsgläubiger (i.S.v. Art. 260 SchKG) nach Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister mangels Rechtsträger die Ansprüche nicht mehr geltend machen können, ist aus praktischer Sicht (viel) virulenter als der Fall der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. Insofern bieten die Revisionsbestrebungen aus meiner Sicht keine hinreichende Lösung. Verweis: Zum Lösungsansatz beim Abschluss des Konkurses vgl. schkg260-praxis

Verfahren zur Löschung

Meldung der Einstellung des Konkurses an das Handelsregisteramt/Löschung von Amtes wegen: Die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ist dem Handelsregisteramt zu melden (Art. 158 Abs. 1 lit. d HRegV) und wird im Handelsregister eingetragen (Art. 159 lit. d HRegV). Der Konkurs kann nicht sofort geschlossen werden.  BGer 5A_914/2021 E. 6.1.1 Die Rechtseinheit wird von Amtes wegen gelöscht, wenn innert zwei Jahren nach der Publikation der Eintragung kein begründeter Einspruch erhoben wurde (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV).

Begründeter Einspruch

Zulässigkeit: Gegen die Löschung kann jeder Einspruch erheben, der ein schützenswertes Interesse daran hat, dass die Rechtseinheit weiter im Handelsregister eingetragen bleibt. BGer 4A_336/2019 E. 3.3.  BGer 4A_467/2018 E. 5.1.  BGer 4A_163/2014 E. 2.1.

Grund für den Einspruch: Der Einsprecher muss begründen, weshalb die Rechtseinheit noch nicht gelöscht werden soll. BGer 4A_163/2014 E. 2.1. Mit dem Einspruch gegen die Löschung kann namentlich geltend gemacht werden, die Gesellschaft verfüge noch über Aktiven BGer 4A_336/2019 E. 3.3., welche gemäss dem Konkursamt nicht genügen, um die Kosten des Konkursverfahrens zu decken, aber welche es trotzdem wert sind, veräussert zu werden. BGE 113 III 116 E. 3c  BGE 102 III 49 E. 6  BGE 90 II 247 E. 3.  BGer 4A_163/2014 E. 2.1.  CdJ GE ACJC/980/2016 E. 3.2.  BGer Sion LP 95 53 E. 2.2.  KGer NE CCC.1998.7473 E. 3 – In diesen Fällen kann auch der Verwaltungsrat der konkursiten Gesellschaft Einspruch gegen die Löschung erheben. BGer 4A_163/2014 E. 2.1. (mit Verweis auf BGE 113 III 116 E. 3c  BGE 102 III 49 E. 6  BGE 90 II 247 E. 3.) CdJ GE ACJC/980/2016 E. 3.2.

Eintragung im Handelsregister begründet ein schutzwürdiges Interesse in Gerichts- und Verwaltungsverfahren: Solange eine Rechtseinheit noch im Handelsregister eingetragen ist, kommt ihr in aller Regel in Gerichts- und Verwaltungsverfahren ein schutzwürdiges Interesse zu. BGer 2C_303/2016 E. 2.3. Verweis: zum fehlenden Rechtsschutzinteresse nach erfolgter Löschung vgl. unten

Spätere Löschung: Die Löschung der Rechtseinheit im Handelsregister erfolgt, wenn die Liquidation abgeschlossen ist. BGer 4A_163/2014 E. 2.1.  

Folgen der Löschung juristischer Personen im Handelsregister   

Untergang juristischer Personen zufolge Löschung im Handelsregister: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven und Löschung im Handelsregister verliert die Schuldnerin als juristische Person ihre Rechtspersönlichkeit; die juristische Person geht unter BGer 5A_92/2021 E. 1.1  KGer GL ZG.2010.00646 E. 16.2, E. 16.3., E. 16.4.  KGer GR SKG 05 49 E. 3e – ihre rechtliche Existenz hört auf. BGE 132 III 731 E. 3.1. (Pra 2007 Nr. 81) BGE 117 III 39 E. 3b  BGE 90 II 247 E. 3.  BGer 5A_845/2019 E. 1.2.2.  BGer 5A_846/2019 E. 1.2.2.  BGer 5A_847/2019 E. 1.2.2.  BGer 4A_384/2016 E. 2.1.3.  BGer 5A_65/2008 E. 2.1.  BGer 4A_188/2008 E. 4.4.  OGer ZH LA180005 E. 3  OGer ZH LA170034 E. 3a  KGer VD HC/2012/425 E. 5  AppGer TI 60.2007.63 E. 22  GVP ZG 2000 S. 153 ff.. E. 1.
BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.2.1.

 AB SO ZZ.1992.15 E. 2a
ZR 1941 Nr 23

vgl. auch KGer VD Plainte/2015/36 E. V.b und KGer VD Plainte/2015/35 E. IV.b (wonach die juristische Person mit Löschung im Handelsregister ihre Geschädigtenstellung im Strafverfahren verliert) contra: Die Löschung der Gesellschaft hat lediglich deklaratorische Bedeutung. OGer ZH RU170075 E. 2  OGer ZH NP170007 E. 3  OGer ZH PP160012 E. 3.3.  OGer ZH RT140154 E. 6 (in Bezug den Verein) KGer GR ZK2 11 32 E. 9a Die juristische Person verliert ihre Rechtspersönlichkeit nicht durch die Löschung, sondern dann, wenn die Liquidationshandlungen beendet sind. OGer ZH PP160012 E. 3.1.
ZR 2016 Nr. 41

VerGer GR A 03 51 E. 1b Eine juristische Person kann trotz Löschung weiterexistieren, wenn noch Aktiven vorhanden sind. VerGer GR A 03 51 E. 1b

Kommentar 13: Letztlich geht es darum, ob der Löschung einer juristischen Person im Handelsregister konstitutive oder deklaratorische Wirkung zukommt. Das Bundesgericht nimmt dazu keine klare und konstante Haltung ein. M.E. folgt schon aus der konstitutiven Wirkung der Eintragung, dass für die Löschung als contrarius actus nichts Anderes gelten kann. Die Löschung ist konstitutiv, weshalb es einer Wiedereintragung ins Handelsregisters (vgl. dazu Einstellung des Konkurses mangels Aktiven) überhaupt erst bedarf. Es kommt hinzu, dass die Existenz einer juristischen Person im Sinne des Schutzes des Rechtsverkehrs einfach feststellbar sein muss, weshalb der Eintrag im Handelsregister massgeblich sein muss. Die gegenteilige Ansicht, wonach eine im Handelsregister gelöschte juristischer Person ihre Existenz bis zum Ende der Liquidation behält, schafft grosse Rechtsunsicherheit, da für niemanden klar erkennbar ist, ob noch Aktiven vorhanden sind, diesbezüglich überhaupt eine Liquidation stattfindet und ob diese noch im Gange bzw. wann diese abgeschlossen ist.

Das Bestreben des Bundesgerichts, die Rechtspersönlichkeit einer im Handelsregister gelöschten juristischen Person, welche noch über Aktiven verfügt (und allenfalls noch Partei in einem Prozess ist), nicht durch die bereits erfolgte Löschung im Handelsregister untergehen zu lassen, ist zwar löblich (und aus dieser Sicht auch verständlich). Da jedoch ein einfacher und zumutbarer Weg für die Wiedereintragung im Handelsregister besteht (vgl. sogleich unten), braucht es den „Kunstgriff“ des Bundesgerichts nicht, die Rechtspersönlichkeit der gelöschten juristischen Person über den Zeitpunkt ihres“Registertodes“ für eine undefinierte Periode „postmortal“ zu verlängern. 

Änderung des Handelsregisterrechts per 1. Januar 2021: Seit 1. Januar 2021 wird eine konkursite Gesellschaft nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven nicht schon nach drei Monaten, sondern erst nach zwei Jahren im Handelsregister gelöscht (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV). Damit soll eine effektivere Rechtsverfolgung möglich gemacht werden, die früher unter Umständen durch die rasche Löschung vereitelt wurde.  BBl 2019 5210 f.

Kommentar 14: Die Änderung ist insofern zu begrüssen, dass sie das Problem angehen will. Die Änderung ist aber zu starr und geht teilweise am Problem vorbei: Indem die Frist zur Löschung von drei Monaten auf zwei Jahre verlängert wird, bleibt zwar mehr Zeit, um zu handeln (womit ein wesentlicher Teil der kritischen Fälle adressiert wird), aber die Regelung ist und bleibt starr. Sie schafft zudem während zwei Jahren „Registerleichen„.

Konzeptionell unvollständig ist, dass nur die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven erfasst wird (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV) nicht aber der Fall der Löschung zufolge Abschluss des Konkursverfahrens (Art. 159a Abs. 1 lit. b HRegV). Diese Konstellation, bei welcher Abtretungsgläubiger (i.S.v. Art. 260 SchKG) nach Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister mangels Rechtsträger die Ansprüche nicht mehr geltend machen können, ist aus praktischer Sicht (viel) virulenter als der Fall der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. Insofern bieten die Revisionsbestrebungen aus meiner Sicht keine hinreichende Lösung. Verweis: Zum Lösungsansatz beim Abschluss des Konkurses vgl. schkg260-praxis

Untergang von Rechten und Pflichten: Mit der Löschung (einer juristischen Person) im Handelsregister können streitige Ansprüche und Verpflichtung keinem Rechtssubjekt mehr zugeordnet werden. BGer 4A_580/2018  BGer 4A_243/2013 Es fehlt der Rechtsträger des Aktivanspruchs. BGer 4A_384/2016 E. 2.1.3. So können etwa Ansprüche aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit (in Bezug auf mittelbaren Schaden) nach Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister nicht mehr geltend gemacht werden. BGer 4A_384/2016 E. 2.1.3. contra: Von der Löschung einer juristischen Person im Handelsregister ist nicht der Bestand deren Forderung betroffen, sondern die Möglichkeit der Gesellschaft, am Rechtsverkehr teilzunehmen. BGer 4A_5/2008 E. 1.4. ebenfalls contra: Die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister begründet die Vermutung, dass die Liquidation abgeschlossen ist und dass die Existenz der Gesellschaft aufgehört hat. BGer 4A_16/2010 E. 5.1.2.

Kommentar 15: Der Zeitpunkt, wann Rechte und Pflichten einer im Handelsregister gelöschten juristischen Person (mangels Rechtsträger) untergehen, hängt unmittelbar davon ab, wann deren rechtliche Existenz aufhört. (vgl. dazu oben).   

Fehlendes Rechtsschutzinteresse in hängigen Prozessen: Mit Untergang der Schuldnerin fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse, um Ansprüche bzw. Verpflichtungen der (im Handelsregister) gelöschten schuldnerischen Gesellschaft beurteilen zu lassen. BGer 4A_580/2018
(HGer ZH ZR 1977 Nr. 125 E. 4)

Der Prozess ist als gegenstandslos geworden abzuschreiben. BGer 5A_92/2021 E. 1.2  OGer ZH LA180005 E. 3  OGer ZH LA170034 E. 3a  OGer ZH RT170091 E. 4  OGer ZH PP160012 E. 3.3.  OGer ZH RT110131  OGer ZH LB090108 E. II.2.  OGer ZH LN030040 E. II.4.
ZR 2004 Nr. 51

 
ZR 1976 Nr. 89

  –  Die Kosten des Prozesses sind dem Kläger aufzuerlegen und sind nicht vom Staat zu tragen. (in Bezug auf die frühere kantonale ZPO) OGer ZH LN030040 E. II.4.
ZR 2004 Nr. 51

Keine Betreibung möglich gegen eine im Handelsregister gelöschte juristische Person: Wird eine juristische Person im Handelsregister gelöscht, so kann gegen sie weder eine Betreibung angehoben noch fortgesetzt werden. BGE 135 III 14 E. 3.  AB TI 15.2000.208 E. 2.1.
BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.2.4.

Verweis: vgl. dazu Abs. 3 bzw. Abs. 4   

Möglichkeit der Wiedereintragung einer gelöschten juristischen Person im Handelsregister

Vorbemerkung: Art. 735 OR regelt die Wiedereintragung einer gelöschten Rechtseinheit im Handelsregister. Die heutige HRegV ist seit 1. Januar 2008 in Kraft (AS 2007 4932). Frühere Gerichtsentscheide ergingen noch unter anderer Rechtslage. Mit Inkrafttreten von Art. 164 HRegV wurde die Rechtslage jedoch materiell nicht geändert, was die Voraussetzungen für die Wiedereintragung betrifft. BGer 4A_16/2010 E. 5.1.2.

Voraussetzungen/positiv: Die Wiedereintragung einer gelöschten juristischen Person im Handelsregister muss u.a. angeordnet werden, wenn der Gesuchsteller glaubhaft macht, dass er eine Forderung gegen die juristische Person hat und dass diese noch über Aktiven verfügt, welche nicht liquidiert worden sind. BGE 132 III 731 E. 3.2. (Pra 2007 Nr. 81) BGer 4A_467/2018 E. 5.2.  BGer 4A_407/2018 E. 4  BGer 4A_412/2013 E. 2.  OGer ZH LF170069 E. 4.1.1.  BGer Sion LP 95 53 E. 2.2.  KGer VD HC/2012/425 E. 5  AB ZG (1.9.2000) GVP 2000 153 ff. E. 1c vgl. auch BGer 4A_16/2010 E. 5.1.1. vgl. auch Art. 164 Abs. 1 lit. a HRegV und dazu BGE 140 III 550 E. 2.1.  Dies können im Konkurs über eine juristische Person namentlich aktienrechtliche Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Organe sein (Art. 752 ff. OR).  BGer 4A_527/2020 E. 5.4.2.

Ausschluss/negativ: Es fehlte an einem Rechtsschutzinteresse zur Wiedereintragung, wenn die Gesellschaft über keine Aktiven mehr verfügt. KGer VD HC/2012/425 E. 5 (mit Verweis auf BGE 132 III 731)

Kommentar 16: Die Wiedereintragung der gelöschten schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister ist die materiellrechtliche Voraussetzung, um einen Anspruch wieder geltend machen zu können. Wenn die Rechtsdurchsetzung in einem Konkursverfahren bewerkstelligt werden soll, so ist zudem verfahrensrechtlich die Wiedereröffnung des Konkurses notwendig (sofern deren Voraussetzungen erfüllt sind). Verweis: vgl. zur Wiedereröffnung des Konkursverfahrens

Keine strenge Anforderungen: Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bedingungen für eine Wiedereintragung erfüllt sind, sollten nicht allzu strenge Massstäbe angelegt werden und es sollten nur jene Gesuche abgelehnt werden, welche rechtsmissbräuchlich erscheinen. Die Anforderungen an das Glaubhaftmachen sind demnach nicht zu überspannen, aber sie sind auch nicht zu tief anzusetzen.  BGer 4A_527/2020 E. 3.2.

Subsidiärer Rechtsbehelf: Es fehlt an einem schutzwürdigen Interesse an der Wiedereintragung, wenn zum Vornherein feststeht, dass der Gesuchsteller durch die Wiedereintragung und durch sein Vorgehen nichts erreicht oder doch keinesfalls mehr als auf einem anderen, ihm zumutbaren Weg. Die Wiedereintragung ist als Rechtsbehelf somit subsidiär.  BGer 4A_527/2020 E. 3.2.  BGer 4A_336/2019 E. 3.3.

Folgen der Wiedereintragung: Sobald die Gesellschaft wieder im Handelsregister eingetragen ist, werden ihr die Aktiven und Passiven wieder zugerechnet. BGer 2C_408/2012 E. 3.2.  Mit der Wiedereintragung der Gesellschaft im Handelsregister wir die Grundlage geschaffen, um die Schritte zur Durchsetzung von gesellschaftsrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüchen einzuleiten.  BGer 4A_527/2020 E. 5.4.2. Der Entscheid über die Wiedereintragung der Gesellschaft präjudiziert den Entscheid über die Wiedereröffnung des Konkurses jedoch nicht, zumal unterschiedlichen Voraussetzungen für diese beiden Verfahrensschritte bestehen.  BGer 5A_36/2022 E. 6.2   

Bedeutung der Einstellung des Konkurses im SchKG

Einrede des mangelnden neuen Vermögens (Art. 265a Abs. 1 SchKG)

Beweislast des betriebenen Schuldners: Es obliegt dem betriebenen Schuldner, die Voraussetzungen seiner Einrede zu beweisen, namentlich, dass über ihn der Konkurs eröffnet worden und dass dieser weder wiederrufen noch mangels Aktiven eingestellt worden ist. BGer 5A_167/2010 E. 2.2.  BezGer Monthey LP 14 438 E. 1b Verweis: zur Unzulässigkeit der Einrede des fehlenden neuen Vermögens bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven vgl. oben  

Paulianische Anfechtungsansprüche (Art. 285 ff. SchKG)

Keine paulianische Anfechtung im Konkurs: Zufolge Einstellung des Konkurses mangels Aktiven kann (im Konkursverfahren) keine paulianische Anfechtung von Rechtsgeschäften des Gemeinschuldners erfolgen. AB TI 14.2014.117 E. 7.2.c

Paulianische Handlungen begründen keinen deliktischen Anspruch der Gläubiger: In Bezug auf Art. 41 Abs. 1 OR gilt, dass Art. 163 ff. StGB dem Gläubigerschutz einzig durch ihre generalpräventive Wirkung dient. Der Umfang des Gläubigerschutzes ergibt sich aus dem Zwangsvollstreckungsrecht. Art. 167 StGB lehnt sich an die Anfechtungstatbestände von Art. 287 und Art. 288 SchKG an. Wenn jedoch der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird, kann jeder Gläubiger gegen Sicherheitsleistung die Durchführung des Konkurses verlangen (Art. 230 Abs. 2 SchKG) und sich gegebenenfalls Anfechtungsansprüche abtreten lassen. – Eine zusätzliche Absicherung durch die Annahme einer deliktischen Haftung gestützt auf Art. 41 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 163 StGB ist entbehrlich. BGE 141 III 527 E. 3.5. vgl. auch BGer 4A_623/2017 E. 4.2./E.4.3.  

Ausschluss der Insolvenzerklärung (Art. 191 SchKG) für den vermögenslosen Schuldner

Insolvenzerklärung und notwendige Aktiven: Der Schuldner, welcher über sich selbst den Konkurs eröffnen lassen will, muss über gewisse Vermögenswerte verfügen, welche er seinen Gläubigern überlassen kann. Mit Art. 191 SchKG wollte der Gesetzgeber für die Privatpersonen kein Verfahren zur Entschuldung einführen, wenn nicht einmal Aktiven vorhanden sind, um die Verfahrenskosten zu decken. BGE 133 III 614 E. 6.1.2.  KGer NE ARMC.2017.39 E. 2  KGer NE ARMC.2017.99 E. 2  KGer NE ARMC.2017.68 E. 2  KGer NE HR.2009.28 E. 2

Rechtsmissbräuchliche Insolvenzerklärung des Schuldners, wenn er über keinerlei Aktiven verfügt: Ein Schuldner verhält sich rechtmissbräuchlich, wenn er einen Konkurs im Wissen darum anstrebt, dass die Konkursmasse keine Aktiven aufweisen würde. BGer 5A_915/2014 E. 5.1. BGer 5A_676/2008 E. 2.1.  BGer 5A_78/2006 E. 3.1.  KGer NE ARMC.2017.39 E. 2  KGer NE ARMC.2017.99 E. 2  KGer NE ARMC.2017.68 E. 2  CdJ GE ACJC/1649/2016 E. 2.1.  KGer NE ARMC.2015.88 E. 2, E. 4c  KGer JU CC 4/2015  KGer NE HR.2009.28 E. 2

Fehlendes Rechtsschutzinteresse: Auf ein Gesuch um Insolvenzerklärung eines Schuldners, welcher über keinerlei Aktiven verfügt, kann mangels Rechtsschutzinteresse nicht eingetreten werden. BGE 133 III 614 E. 6.1.2.  KGer NE ARMC.2017.39 E. 2  KGer NE ARMC.2017.99 E. 2  KGer NE ARMC.2017.68 E. 2  KGer NE ARMC.2015.88 E. 2, E. 4c Auf Insolvenzerklärung des Schuldners hin kann der Konkurs nicht eröffnet werden, wenn dieser sogleich mangels Aktiven wieder eingestellt werden muss. BGer 5A_380/2011  KGer VD Failite/2018/19 E. II.c  OGer ZH PS140279  KGer VD Failite/2012/35 E. II  OGer ZH PS110221 E. II.4. Strebt der Schuldner mit seiner Insolvenzerklärung die Durchführung eines Konkurses ohne Aktiven an, so stellt Art. 230 Abs. 1 SchKG ein unüberwindliches Hindernis dar. CdJ GE DAAJ/102/2007 E. 3.1. Selbst im Falle der Gewährung des Armenrechts ist der Schuldner nicht davon entbunden, im Sinne dieser Bestimmung verwertbares Vermögen vorzuweisen, um die Einstellung des Konkursverfahrens zu verhindern. Beim vermögenslosen Schuldner führt die an sich mögliche Konkurseröffnung nicht zum Verfahrensziel, weil der Konkurs gleich wiedereingestellt werden muss. Damit fehlt einem vermögenslosen Schuldner bereits das schutzwürdige Interesse an der Konkurseröffnung. Um die Konkurseröffnung bewirken zu können, hat der um das Armenrecht nachsuchende Schuldner bereits vor dem Konkursgericht darzutun, dass er wenigstens über so viele Vermögenswerte verfügt, als zur Verhinderung der durch Art. 230 SchKG drohende Einstellung des Konkurses erforderlich sind. OGer OW AbR 2000/01 Nr. 27 E. 1  OGer ZH (21.12.1995) (BlSchK 1997 Nr. 5)

Verlängerung der Fristen für privilegierte Forderungen in einem nachfolgenden Konkursverfahren

In einem zweiten nachfolgenden Konkursverfahren verlängert sich die Frist, während welcher ein Konkursprivileg besteht (Art. 219 Abs. 1 Erste und zweite Klasse SchKG) sowohl um die Dauer zwischen der ersten Konkurseröffnung und der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven (BezGer ZH FV210042 E. III.2.2.) als auch zwischen der Einstellung mangels Aktiven und der Wiedereröffnung des Konkurses (BezGer ZH FV210042 E. III.2.3. = BlSchK 4/2021).

Bedeutung der Einstellung des Konkurses in anderen Rechtsgebieten

Aktienrechtliche Verantwortlichkeit

Ansprüche für mittelbaren Schaden: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven und Löschung der schuldnerischen Gesellschaft im Handelsregister können Ansprüche aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit (in Bezug auf mittelbaren Schaden) nicht mehr von den Gläubigern geltend gemacht werden. BGer 4A_407/2018 E. 4  BGer 4A_384/2016 E. 2.1.3.  HGer SG HG.2011.18 E. 2  AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff. E. 1c) – Diese Ansprüche stehen der Gesellschaft zu. In einer gegen die Gesellschaft gerichtete Betreibung können diese Ansprüche gepfändet und nachfolgend nach Art. 131 SchKG verwertet werden. AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff.) E. 1b/1d 

Sicherheitsleistung des Klägers für die Parteientschädigung des Beklagten (Art. 99 ZPO)

Zahlungsunfähigkeit: Die klagende Partei hat auf Antrag der beklagten Partei für deren Parteientschädigung Sicherheit zu leisten, wenn die Erstgenannte zahlungsunfähig erscheint (Art. 99 Abs. 1 lit. b ZPO). Zahlungsunfähigkeit ist etwa zu bejahen bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. KGer SG ZV.2019.143 E. 2a  OGer OW AbR 2006/07 Nr. 7 E. 6a  OGer OW AbR 2002/03 Nr. 13 E. 2a (die beiden letztgenannten Entscheide in Bezug auf die dannzumal noch kantonale ZPO)

Bei treuwidriger Weiterverwendung einer konkursiten Gesellschaft

Treuwidriges Verhalten gegenüber einem Arbeitnehmer bei Weiterwirtschaften mit einer konkursiten juristischen Person: Wenn der Inhaber eine konkursiten juristischen Person trotz Konkurs und dessen Einstellung mangels Aktiven einen Arbeitnehmer, ohne diesen zu informieren, weiter für die juristische Person arbeiten lässt und (zeitweise) den Lohn selbst bezahlt, dann haftet er (privat) auch für die ausstehenden Löhne. Hat sich der Inhaber entschlossen, die Projekte weiterhin über die konkursite Gesellschaft abzuwickeln, ohne den Arbeitnehmer zu informieren, verhält er sich treuwidrig, denn der Arbeitnehmerschutz (Art. 337a OR) wird in unzulässiger Weise umgangen. BGer 4A_66/2016 E. 3  

Haftung gemäss AHVG

Gesetzliche Regelung: Haftung des Arbeitgebers und der Organe: Gemäss Art. 52 AHVG hat ein Arbeitgeber, der durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung der Vorschriften diese Gesetzes der Versicherung einen Schaden zugefügt, diesen zu ersetzen (Abs. 1). Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder der Liquidation befassten Personen (Abs. 2). Der Schadenersatz verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über die unerlaubten Handlungen (Abs. 3).

Kommentar 17: Art. 52 Abs. 3 AHVG ist seit 1. Januar 2020 in Kraft (AS 2018 5343). Für den Beginn der relativen Verjährungsfrist bleibt (wie früher; Art. 82 Abs. 1 aAHVV) die Kenntnis des Schadens und des Schädigers massgeblich. Für den Beginn der absoluten Verjährungsfrist ist neu der Tag massgebend, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte (Art. 60 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 52 Abs. 3 AHVG; BBl 2014 275). Damit bleibt die bisherige Praxis zur Rechtsregel, dass die (relative) Verjährungsfrist mit Kenntnis des Schadens beginnt, massgeblich.

Kenntnis des Schadens mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven: Bei Einstellung des Konkurses mangels Aktiven besteht (in Bezug auf Art. 52 AHVG) in der Regel Kenntnis des Schadens im Zeitpunkt der Publikation der Einstellung im Schweizerischen Handelsamtsblatts (SHAB)  BGE 129 V 193 E. 2.3  BGer 9C_425/2022 E. 4.1.2  BGer 9C_373/2022 E. 4.3  BGer 9C_260/2021 E. 4.1.2  SozVerGer BS AH.2018.4 E. 3.6.  SozVerGer BS AH.2017.9 E. 4.1.  VerGer GR S 02 152 E. 2 Dies gilt auch dann, wenn ein Gläubiger nach Art. 230 Abs. 2 SchKG die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt. BGE 126 V 443 E. 3c  BGer H 300/00 E. 2a  BGer H 305/00 E. 2a  BGer H 138/00 E. 3c  BGer H 224/98 E. 3b  VersGer GR S 08 55 und 56 E. 2b/2c  SozVerGer ZH AK.2005.00017 E. 2.3.3.  SozVerGer ZH AK.2006.00094 E. 2.3.4.  

Ansprüche auf Arbeitslosenentschädigung

Kein Ausschluss von Arbeitslosenentschädigung für arbeitgeberähnliche Personen ab Konkurseröffnung: Damit eine arbeitgeberähnliche Person Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat, muss ihr Ausscheiden aus der Firma endgültig sein. Dies ist bei einer (aufrechtstehenden) Liquidation nicht notwendigerweise der Fall. Wenn dagegen der Konkurs eröffnet und das Verfahren mangels Aktiven wieder eingestellt wird, gibt es in der Regel nichts mehr zu liquidieren. Ausserdem wird in diesen Fällen die Firma von Amtes wegen nach drei Monaten im Handelsregister gelöscht. Damit besteht keine Missbrauchsgefahr mehr, weshalb dem Versicherten die frühere arbeitgeberähnliche Stellung nicht als Grund zur Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung entgegengehalten werden kann. BGer 8C_656/2011 E. 3.4.  BGer C 72/06 E. 7.3.  BGer C 267/05 E. 4.3.2.  BGer C 267/04 E. 4.3. Die Einschränkung, dass ein Arbeitnehmer, wenn er eine arbeitgeberähnliche Stellung hat, keine Ansprüche auf Arbeitslosentschädigung geltend machen kann, findet keine Anwendung, wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird. BGer C 72/06 E. 7.3.

Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung: Wird über den Arbeitgeber der Konkurs eröffnet, so muss der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung spätestens 60 Tage nach der Veröffentlichung des Konkurses im SHAB zu stellen (Art. 53 Abs. 1 AVIG). – Damit besteht ab dem Datum der Konkurseröffnung Anspruch auf Arbeitslosentenschädigung. BGer 8C_571/2012 E. 4.3.2.  SozVerGer ZH AL.2020.00205 E. 3.2 – Die Publikation der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven im SHAB gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG ist (sofern nicht bereits eine Veröffentlichung der Konkurseröffnung stattgefunden hat) der Konkurspublikation im Falle der Durchführung des ordentlichen bzw. summarischen Konkursverfahrens gleichzusetzen und für den Beginn des Fristenlaufs nach Art. 53 Abs. 1 AVIG massgebend. SozVerGer FR 605 2008-226 E. 2a, E. 3b (mit Verweis auf BGE 114 V 354 E. 1b) – Auch wenn der Zustand der Liquidation nach der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven andauert und erst nach Abschluss zur Löschung im Handelsregister führt, ist bei dieser Fallkonstellation mit fehlender Funktion des Versicherten als Liquidator und dementsprechender Befugnisse eine Reaktivierung der Firma unwahrscheinlich. BGer 8C_656/2011 E. 3.4.  BGer 8C_481/2010 E. 4.2.  

Straftatbestände

Definitiver Schaden der Gläubiger bei Vermögensdelikten: Mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven der Gemeinschuldnerin ist sowohl in Bezug auf den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB) AppGer BS SB.2015.29 E. 3.4.2.2., E. 3.4.3. als auch in Bezug auf jenen der Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung (Art. 164 StGB) der Eintritt des definitiven Schadens der Gläubiger nachgewiesen. AppGer BS SB.2015.29 E. 4.2.1., E. 4.3.1.  

Abs. 3

Person des Schuldners

Natürliche Person als Schuldner: Diese Regel hat nur für natürlicher Personen, welche im Handelsregister eingetragen sind, eine praktische Bedeutung. BGer H 307/02 E. 8.2. Der Gläubiger kann dadurch einen Pfändungsverlustschein erlangen. AB BE ABS 19 319 E. 7.1. Verweis: zur Bedeutung von Abs. 3 in Bezug auf juristischer Personen als Schuldner vgl. unten

Anwendung von Art. 40 Abs. 1 SchKG bei natürlichen Personen: Aufgrund von Art. 230 Abs. 3 SchKG besteht kein Raum, im Fall der Konkurseinstellung mangels Aktiven die Nachfristwirkung gemäss Art 40 SchKG zum Schutz des Gläubigers nicht anzuwenden. Die Löschung der Handelsregistereintragung nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven schliesst eine weitere Konkurseröffnung nicht aus. Es ist die Nachwirkung gemäss Art. 40 SchKG zu berücksichtigen, wonach die Konkursfähigkeit noch während sechs Monaten nach der Löschung bestehen bleibt. OGer SH OGE 40/2016/28 E. 2.2.2.

Wahl des Gläubigers (in Bezug auf natürliche Personen als Schuldner): Der Gläubiger hat die Wahl, den Schuldner auf Pfändung anstatt auf Konkurs zu betreiben. CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.1  AB TI 15.2018.2  OGer SH OGE 40/2016/28 E. 2.2.2.  CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.2.  CdJ GE DCSO/313/2014 E. 2.3.  AB BS (22.3.1991) (BlSchK 1991 Nr. 46 S. 238) – Die Wahl ist auszuüben, wenn das Fortsetzungsbegehren gestellt wird. CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.1 Wenn der Gläubiger keine Wahl ausübt, dann findet die Fortsetzung der Betreibung auf Konkurs Anwendung. CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.1 – Das Gesetz verlangt keine besondere Form, um die Wahl auszuüben. CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.2.2. Solange die Betreibungsart durch Notifikation des Schuldners durch das Betreibungsamt noch nicht definitiv fixiert worden ist, kann der Gläubiger sein Fortsetzungsbegehren noch zurückziehen und erneuern. CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.2.2.        

Juristische Person als Schuldner: Eine juristische Person kann auch dann betrieben werden, wenn über sie der Konkurs eröffnet und dieser mangels Aktiven wieder eingestellt wird. AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff.) E. 1a  OGer ZH ZR 1996 Nr. 29 E. 2a (BlSchK 1996 Nr. 29)  Dieser Weg steht aber nur nicht pfandgesicherten Gläubigern offen. CdJ GE DCSO/419/2021 E. 2.2.3  –  Auch eine juristische Person kann während zwei Jahren nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven auf Pfändung betrieben werden. Dies setzt aber voraus, dass sie im Handelsregister eingetragen ist. BGE 135 III 14 E. 3.  BGE 131 IV 56 E. 1.3.  BVGer A-5172/2014 E. 9.3.5.  CdJ GE CAPH/128/2021 E. 1.2.1  CdJ GE DCSO/419/2021 E. 2.2.3  AB VD Plainte/2015/13 E. IIIb  OGer ZH RT140154 E. 5  AppGer TI 60.2007.63 E. 22  AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff. E. 1a)  AB TI 15.2000.208 E. 2.1.
(BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.3.1.)

AB SO ZZ.1992.15 E. 2a Frage offengelassen (aber Skepsis anmeldend), ob eine juristische Person auf Pfändung betrieben werden kann
OGer ZH ZR 1959 Nr. 8 E. 1, E. 2

– Ansprüche (namentlich auch aktienrechtliche Verantwortlichkeitsansprüche für mittelbaren Schaden) können gepfändet und nachfolgend gemäss Art. 131 SchKG verwertet werden. AB ZG (1.9.2000) (GVP 2000 153 ff.) E. 1c Verweis: zum Erfordernis des Handelsregistereintrags bei der Weiterführung einer vor Konkurseröffnung angehobenen Betreibung vgl. Abs. 4

Art der Betreibung gegen juristische Personen: Die Annahme, eine Gesellschaft unterliege nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven wieder der Konkursbetreibung, findet im Gesetz keine Stütze. Mit ihrem Verzicht, die Durchführung eines ordentlichen Konkursverfahrens anzubegehren, haben die Gläubiger ihr Recht, ihre Forderung auf dem Weg der Konkursbetreibung geltend zu machen, verwirkt.
BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.2.4.

Die erneute Konkursbetreibung und –eröffnung würde dabei die Behörden in unnötiger Weise belasten, da das Verfahren auf Grund der bisherigen Erkenntnisse erneut eingestellt werden müsste.
BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.2.5.

Eine einmalige rechtskräftige Konkurseröffnung schliesst weitere Betreibungen auf Konkurs aus.
BezGer ZH (ER) ZR 1995 Nr. 52 E. III.2.6.

Kommentar 18: Diese – soweit ersichtlich in der Rechtsprechung singuläre Sicht– überzeugt nicht. Das Gesetz schliesst nicht aus, dass ein Gläubiger eine juristische Person erneut auf Konkurs betreibt, auch wenn ein früherer Konkurs mangels Aktiven eingestellt werden musste. Wie in Bezug auf eine Betreibung gegen eine natürliche Person muss dem Gläubiger auch bei der (neuen) Betreibung einer juristischen Person ein Wahlrecht in Bezug auf die Betreibungsart zukommen. Ohne spezifizierte Ausübung des Wahlrechts geht auch die erneute Betreibung (zufolge Eintragung im Handelsregister) auf Konkurs.

Sachlicher Geltungsbereich: Art. 230 Abs. 3 SchKG macht keine Unterscheidung zwischen Betreibungen, welche vor oder nach Konkurseröffnung eingeleitet werden. Man kann aus der Rechtsprechung (BGE 124 III 123) ableiten, dass die Bestimmung auf jeden Fall auf die wiederauflebenden Betreibungen Anwendung findet. AB VD Plainte/2011/16 E. IIa

Kein Erfordernis von neuem Vermögen: Dem Schuldner steht kein Einwand zu, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen.  CdJ GE DAAJ/137/2021 E. 3.2  

Frist

Frist: Die Frist beträgt zwei Jahre (Art. 230 Abs. 3 SchKG).

Fristbeginn: Die Frist beginnt erst zu laufen ab der Veröffentlichung des Abschlusses des Konkursverfahrens im SHAB durch das Eidg. Handelsregisteramtes (Art. 158 Abs. 1 lit. g und Abs. 2 HRegV) und nicht schon ab Veröffentlichung der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven in Anwendung von Art. 230 Abs. 2 SchKG (Art. 158 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 HRegV). Der Gesetzestext ist diesbezüglich unpräzise. AB VD Plainte/2015/13 E. IIIb/E. IIIc Verweis: zum analogen Zeitpunkt für das Wiederaufleben früherer Betreibungen vgl. Abs. 4

Gleichlauf Eintragung im Handelsregister: Die Eintragung des Schuldners im Handelsregister bleibt für dieselbe Dauer bestehen (Art. 159a lit. a HRegV). HGer ZH 200007 E. 1.3  

Sonstige Aspekte

Bezahlte Konkurskosten als Betreibungskosten (Art. 68 SchKG) bei einer Betreibung für die ursprüngliche Forderung: Im Rahmen einer Betreibung (gemäss Art. 230 Abs. 3 SchKG) gelten die vom Gläubiger im vorangegangenen (mangels Aktiven eingestellten) Konkursverfahren bereits bezahlten Kosten als Betreibungskosten i.S.v. Art. 68 SchKG und können von ihm zur Hauptforderung hinzugeschlagen werden. BGer 5P.123/2006 E. 3.

Schadloshaltungspflicht des Schuldners: Wenn und soweit der Antrag stellende Gläubiger die Kosten des Konkursverfahren tragen musste, kann er sich beim Schuldner schadloshalten, indem er von der Möglichkeit Gebrauch macht, ihn nach Einstellung des Konkursverfahrens während zwei Jahren auf Pfändung zu betreiben (Art. 230 Abs. 3 SchKG).  AB TG RBOG 1997 Nr. 19 E. 2a (BlSchK 2000 Nr. 25)

Kommentar 24: Diese Haftungsfrage stellt sich auch dann, wenn es sich beim Schuldner um eine juristische Person handelt, denn die Rechtseinheit wird (von Amtes wegen) erst dann gelöscht, wenn innert zwei Jahren nach der Publikation der Eintragung kein begründeter Einspruch erhoben wurde (Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV).

Materiellrechtliche Frage: Ob Betreibungs- oder Konkurskosten aus früheren abgeschlossenen Verfahren vom Schuldner zu tragen sind oder nicht, ist keine vollstreckungs-, sondern eine materiellrechtliche Frage, worüber gegebenenfalls in einem Erkenntnisverfahren zu befinden ist.  OGer ZH PN060244 E. E. II.5. (ZR 2009 Nr. 2)

Kommentar 23: Wenn der Schuldner in einer neuen Betreibung Rechtsvorschlag erhebt, dann verfügt der Gläubiger aus dem vorangegangenen (mangels Aktiven eingestellten) Konkursverfahren über keinen Rechtsöffnungstitel (vgl. sogleich unten). Gegebenenfalls muss er den Rechtsvorschlag mit Anerkennungsklage beseitigen (Art. 79 SchKG). – Da sich der Erstattungsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner nach materiellem, d.h. Privatrecht richtet, sind sachlich die Zivilgerichte zur Beurteilung zuständig. – Das Gesagte gilt auch dann, wenn es sich beim Gläubiger um einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger (wie den Staat oder eine Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts) handelt.

Vorgehen nach Wahl des Gläubigers für die Kosten der ersten Betreibung: Dass die Kosten des vorausgegangenen Konkursverfahrens bei einer anschliessenden Pfändungsbetreibung i.S.v. Art. 230 Abs. 3 SchKG als Betreibungskosten zur Hauptforderung geschlagen und als solche vom Pfändungserlös vorweg erhoben werden können (Art. 68 Abs. 2 SchKG), schliesst eine selbständige, d.h. unabhängig von der Hauptforderung erfolgende, Geltendmachung der Konkurskosten nicht aus. Vielmehr hat der Gläubiger die Wahl, ob er die Kosten als Akzessorium der Hauptforderung oder aber selbständig in Betreibung setzen will. BGer 5P.123/2006 E. 3.

Fehlender Rechtsöffnungstitel bei separater Geltendmachung der Kosten: Entscheidet sich der Gläubiger für eine selbständige Betreibung und erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, dann mangelt es dem Gläubiger an einem (provisorischen) Rechtsöffnungstitel für diese Betreibungskosten. BGer 5P.123/2006 E. 3.  OGer ZH PN060244 E. E. II.4./II.6.
(ZR 2009 Nr. 2)

Rechtsschutzinteresse des Gläubiger zur Anerkennungsklage bei separater Geltendmachung der Kosten: Ob Betreibungs- oder Konkurskosten aus früheren abgeschlossenen Verfahren vom Schuldner zu tragen sind oder nicht, ist keine vollstreckungs-, sondern eine materiellrechtliche Frage, worüber gegebenenfalls in einem Erkenntnisverfahren zu befinden ist. OGer ZH PN060244 E. E. II.5.
(ZR 2009 Nr. 2)

  Demnach bedarf der Gläubiger eines Leistungsurteils, wenn er die vorgeschossenen Konkurskosten im Rahmen einer hierauf beschränkten Betreibung auf den Schuldner abwälzen will. Aufgrund dessen kann ihm das Gericht das Rechtsschutzinteresse im Anerkennungsprozess nicht verwehren; dies wäre eine Rechtsverweigerung. BGer 5P.123/2006 E. 3.  

Verhältnis zu Abs. 4: Die Nichtanwendung von Art. 230 Abs. 3 SchKG auf Betreibungen, die nach Art. 230 Abs. 4 SchKG wiederaufleben, wird nicht als ungerechtfertigte Verweigerung von Gläubigerrechten erachtet. BGer 5A_784/2015 E. 3.3.1. (mit Verweis auf BGE 124 III 123 E. 2) Verweis: vgl. auch unten

Bei Bestehen eines Organisationsmangels (Art. 731b OR) bzw. Fehlen einer vertretungsberechtigten Person bei der schuldnerischen Gesellschaft: Zustellungen an die schuldnerische Gesellschaft in einer nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven neu eingeleiteten Betreibung haben an die in Art. 65 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG genannten Personen zu erfolgen. Fehlen solche Personen, so hat das Betreibungsamt den betreibenden Gläubiger an den Zivilrichter zu verweisen, damit dieser das fehlende oder einen Sachwalter ernennt (Art. 731b Abs. 1bis Ziff. 2 OR). Nach erfolgter Ernennung können die Zustellungen an diese Person vorgenommen und die Betreibung (weiter)geführt werden.   

Abs. 4

Allgemeines

Ratio legis: Der Grund für diese Gesetzgebung besteht darin, die Wiederholung von Insolvenzverfahren, welche zum Scheitern verurteilt sind, zu vermeiden. Demzufolge erfordert die Verfahrensökonomie, die früheren Betreibeibungen wieder aufleben zu lassen. Gleichzeitig findet ein Wechsel von der General- zu Spezialexekution (Art. 38 Abs. 2 SchKG) statt. AB TI 15.2011.24 E. 2  AB TI 15.1997.167

Zusammenhang mit Art. 206 SchKG: Art. 230 Abs. 4 SchKG muss im Zusammenhang mit Art. 206 Abs. 1 SchKG gesehen werden. Die erstgenannte Bestimmung stellt eine Abweichung der letztgenannten dar. BGer 5A_370/2010 E. 3.  AB VD Plainte/2011/16 E. II.a Im Fall der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven verletzt die Fortführung der vor Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen die Interessen der Gläubigergesamtheit nicht. CdJ GE DCSO/245/2017 E. 2.1. (mit Verweis auf BGE 120 III 141 E. 3)

Sachlicher Geltungsbereich: Die Regel von Art. 230 Abs. 4 SchKG kommt auf alle Betreibungsarten und –verfahren zur Anwendung. BGE 130 III 481 E. 2.1. (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.1.  CdJ GE DCSO/163/2007 E. 3  AB TI 15.2000.208 E. 1.2.  AB BE (21.11.1997) (BlSchK 1998 Nr. 13) E. 5  

Verhältnis zu Abs. 3: Wenn eine wiederauflebende Betreibung nicht fortgesetzt werden kann, weil die Betreibung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht auf Pfändung fortgesetzt werden kann, dann hat der Gläubiger keine Wahl; er muss eine neue Betreibung gemäss Art. 230 Abs. 3 SchKG einleiten. BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106) BGer 5A_784/2015 E. 3.3.2.  CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.1  AB VD Plainte/2011/16 E. II.a Verweis: vgl. auch oben

Verhältnis zu Art. 230a Abs. 2 SchKG: Der Pfandgläubiger, welche bei Konkurseröffnung bereits eine Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet hatte, welche er nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven (gemäss Art. 230 Abs. 4 SchKG) fortzusetzen berechtigt ist, soll nicht beim Konkursamt die Pfandverwertung verlangen können; Art. 230a Abs. 2 SchKG ist in diesem Fall nicht anwendbar bzw. subsidiär zu Art. 230 Abs. 4 SchKG. CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.1. offengelassen in AB TI 15.2000.208 E. 1.4. – Andererseits kommt Art. 230a Abs. 2 SchKG zur Anwendung, in Bezug auf Pfandobjekte einer juristischen Person, gegen welche bei Konkurseröffnung keine Betreibung auf Pfandverwertung anhängig war. CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.1.

Kommentar 19: Diese Regel macht aus verschiedenen Gründen Sinn. Der Pfandgläubiger, der schon vor Konkurseröffnung Betreibung auf Pfandverwertung (beim Betreibungsamt) angehoben hatte, soll – wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt worden ist und die Betreibung fortsetzungsfähig ist – diese Betreibung auf Pfandverwertung beim Betreibungsamt fortsetzen, anstatt (beim Konkursamt) die Spezialliquidation nach Art. 230a Abs. 2 SchKG zu verlangen. Erstens wird damit der zuerst eingeleiteten Betreibung Priorität eingeräumt. Zweitens wird auch dem „normalen“ Weg der Betreibung auf Pfandverwertung der Vorgang vor der aussergewöhnlichen Spezialliquidation eingeräumt. Und drittens wird der „natürlichen“ Zuständigkeit des Betreibungsamtes für Pfandverwertung Rechnung getragen und der Vorrang eingeräumt.


Eingeleitete Betreibungen

Begriff: Unter „eingeleitete Betreibungen“ ist zu verstehen, dass das Betreibungsamt eine Betreibung schon dergestalt zu administrieren begonnen hat, dass sie das Betreibungsbegehren eingetragen und mit der Redaktion des Zahlungsbefehls begonnen hat. Es ist nicht notwendigerweise erforderlich, dass dem Betriebenen der Zahlungsbefehl schon zugestellt worden ist. CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.1.  

Voraussetzung: Fortsetzungsfähige Betreibungen

Grundsatz: Wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird, leben die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen wieder auf (Art. 230 Abs. 4 SchKG). Vorausgesetzt ist, dass diese Betreibungen noch fortgesetzt werden können. BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106) BGer 5A_840/2015 E. 3.2.  BGer 5A_784/2015 E. 3.3.1.  OGer ZH PP160012 E. 3.1. 
(ZR 2016 Nr. 41)

  CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.1.  CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.2.

Kein Wiederaufleben der Betreibung, welche zum Konkurs geführt hat: Diejenige Betreibung, welche zum Konkurs geführt hatte, welcher mangels Aktiven wieder eingestellt worden ist, kann nicht gemäss Art. 230 Abs. 4 SchKG wiederaufleben. BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106) BGer 5A_784/2015 E. 3.3.2.  BGer 5A_370/2010 E. 3.  BGer 4C.180/2005 E. 1.2.  CdJ GE ATAS/13/2022 E. 4.1  MietGer ZH MG160033 E. 3  AB ZH PS150114 E. II.3b (BlSchK 2016 Nr. 21) AB TI 14.2015.201  AB TI 15.2011.23 E. 1  AB TI 14.2011.21 E. 4  AB TI 15.2011.24 E. 1  AB TI 14.2011.124  AB VD (15.12.1997) BlSchK 1998 Nr. 14 E. 3

Betreibungen, in welchen das Konkursbegehren schon gestellt worden ist, die aber nicht selbst zum Konkurs geführt haben: Diese Betreibungen können unter gleichzeitigem Wechsel von der Betreibung auf Konkurs auf eine Betreibung auf Pfändung fortgeführt werden. AB TI 15.2011.23 E. 2  AB TI 15.2011.24 E. 1  AB TI 15.1997.167 Es rechtfertigt sich, Betreibungen, in welchen das Konkursbegehren schon gestellt wurde, die aber nicht zur Konkurseröffnung geführt haben, aufleben zu lassen und auch diesen Gläubigern eine Pfändung zu ermöglichen. Bei ihnen kann denn auch nicht gesagt werden, dass ihre Betreibungen mit der Konkurseröffnung ihr Ziel erreicht hätten. CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.2./E. 2.2.2.  CdJ GE DCSO/313/2014 E. 2.4.3. – Diese Gläubiger müssen eine Fortführung auf dem Weg der Pfändung besonders verlangen. Dabei handelt es sich nicht um ein zweites Fortsetzungsbegehren, sondern um die Ausübung eines Wahlrechts, welches es zu der Zeit, als das eigentlichen Fortsetzungsbegehren gestellt worden ist, noch gar nicht gab, sondern das erst seit der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven zur Verfügung steht. Es handelt sich um eine besondere durch Art. 230 Abs. 3 geschaffene Option, die in einem früheren Verfahrensstadium (noch) nicht beststanden hat. AB ZH PS150114 E. 3d (BlSchK 2016 Nr. 21) CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.2./E. 2.2.1. contra: Die Betreibung muss im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch (auf Pfändung) fortgesetzt werden können. BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106) BGer 5A_784/2015 E. 3.3.2.  BGer 5A_370/2010 E. 3.  AB VD Plainte/2011/16 E. II.a

Kommentar 20: Die erstgenannte Ansicht überzeugt mehr. Letztlich geht es darum, ob einer früher eingeleiteten Betreibung (nach Abs. 4) der Vorzug zu geben ist oder ob der Gläubiger eine neue Betreibung (nach Abs. 3) einleiten muss. Schon die Verfahrensökonomie spricht dafür, einer früheren Betreibung den Vorzug zu geben. Es tut der gesetzlichen Regelung auch keine Not an, dem Gläubiger, der vor Konkurseröffnung schon ein Fortsetzungsbegehren (auf Konkurs) gestellt hat (ohne, dass diese Betreibung zur Konkurseröffnung geführt hat), nach Einstellung des Konkurses mangels Aktien (neu) ein Wahlrecht einzuräumen. Dies begründet m.E. auch keine ungebührliche Bevorzugung dieses Gläubigers vor anderen, welche erst nach Einstellung des Konkurses eine Betreibung anheben.

Fortsetzungsfähigkeit der Betreibung, wenn noch keine Konkursandrohung erfolgt ist: Ein Gläubiger kann die Fortsetzung der Betreibung auf Pfändung nur verlangen, wenn diese noch fortsetzungsfähig ist BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106CdJ GE ATAS/13/2022 E. 4.1 OGer ZH RT180106 E. 4a  OGer OW AbR 2008/09 Nr. 15 E. 6, d.h. wenn das Recht auf Fortsetzung noch nicht durch Konkursandrohung (Art. 159 SchKG) ausgeübt worden ist. BGE 124 III 123 E. 2 (Pra 1998 Nr. 106) BGer 5A_784/2015 E. 3.3.2.  BGer 5A_370/2010 E. 3.  CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.1  CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.1.  CdJ GE DCSO/313/2014 E. 2.2.  AB VD Plainte/2011/16 E. II.a    

Voraussetzung der Eintragung der schuldnerischen juristischen Person im Handelsregisters: Auch bei einem Vorgehen nach Art. 230 Abs. 4 SchKG muss die schuldnerische juristische Person im Handelsregister eingetragen sein. AB TI 15.2000.208 E. 2.1. Verweis: zum Erfordernis des Handelsregistereintrags bei einer neuen Betreibung vgl. Abs. 3  

Wiederaufleben der Betreibung

Aufleben eo ipso: Die Betreibungen leben mit Einstellung des Konkurses mangels Aktiven eo ipso wieder auf. AB BE (21.11.1997) (BlSchK 1998 Nr. 13) E. 7

Stadium des Wiederauflebens: Die Betreibungen leben in jenem Zustand wieder auf, in welchem sie sich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung befunden haben. BGE 130 III 481 E. 2.1. (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) CdJ GE DCSO/353/2018 E. 2.3.  CdJ GE DCSO/317/2015 E. 2.1.2./E. 2.2.2.  CdJ GE DCSO/313/2014 E. 2.2.  CdJ GE DCSO/163/2007 E. 3 – Wenn das Fortsetzungsbegehren gestellt wurde, dann ist diesem Folge zu geben. CdJ GE DCSO/353/2018 E. 2.3. – Wenn die Steigerung in einer Betreibung auf Pfandverwertung zufolge Konkurseröffnung über den Pfandeigentümer abgesagt worden ist, dann wird diese neu festgesetzt, nachdem der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wurde. BGE 130 III 481 E. 2.1. (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) (mit Verweis auf BGE 120 III 141 und die dort zitierten Entscheide) BGer 7B.145/2004 E. 2.1. – Die von einem Gläubiger eingeleitete und während des Konkursverfahrens sistierte Betreibung mit Lohnpfändung kann unverzüglich fortgesetzt werden, falls das pendente Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt wird. 
OGer ZH ZR 1989 Nr. 32 E. 3b

Bei Konkurseröffnung sich beim Betreibungsamt befindliche Einkommensbetreffnisse gelten wieder für den betreibenden Gläubiger als gepfändet. OGer ZH PS120245 E. 5 – Bei einer Betreibung auf Pfandverwertung stellt das Konkurs- dem Betreibungsamt die Erträgnisse zur Verfügung, welche das Pfand betreffen. Dies schliesst Erträgnisse i.S.v. Art. 199 Abs. 2 SchKG ein, welche das Betreibungs- dem Konkursamt bei Konkurseröffnung überwiesen hatte. CdJ GE DCSO/143/2012 E. 3.3.

Zeitpunkt des Wiederauflebens/nicht bereits mit Wirkung des Einstellungsentscheids: Der Konkurs gilt mangels Aktiven mit unbenütztem Ablauf der Zehntagesfrist zur Stellung eines Begehrens um Durchführung des Verfahrens und Leistung der Sicherheit ohne weiteres als eingestellt; das Verfahren schliesst ipso facto mit Fristablauf (vgl. dazu oben). Es ist indessen nicht angebracht, das Wiederaufleben der bereits eingeleiteten Betreibungen auf den Zeitpunkt des Fristablaufs festzusetzen. Dies deshalb, weil die Gläubiger noch keine Kenntnis über eine allfällige Durchführung des Konkursverfahrens haben (Art. 230 Abs. 2 SchKG) und weil Betreibende nicht dazu veranlasst werden sollen, die Fortsetzung von Betreibungen zu verlangen, wenn eine Generalexekution bzw. eine dazu gehörende Spezialexekution (Art. 230a Abs. 2 SchKG) durchzuführen ist. BGE 130 III 481 E. 2.1/2.3 (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) BGer 5A_840/2015 E. 3.3.  

Zeitpunkt des Wiederauflebens/mit Publikation des Eintrags (der Konkurseinstellung und) des Konkursschlusses im SHAB: Massgebend ist die Publikation des Eintrags (der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven und) des Schlusses des Konkursverfahrens im SHAB durch das Eidgenössische Handelsregisteramt (Art. 931 und Art. 939 Abs. 3 OR). BGE 130 III 481 E. 2.1/2.3 (Pra 2005 Nr. 42; BlSchK 2005 Nr. 22) BGer 5A_840/2015 E. 3.3.  CdJ GE DCSO/19/2019 E. 2.2.2.  CdJ GE DCSO/163/2007 E. 3 Diese Publikation erfolgt nach der blossen Meldung, welche das Konkursamt (gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. g HRegV) nach unbenutztem Ablauf der Durchführungsfrist an das Handelsregisteramt vornimmt. BGer 5A_840/2015 E. 3.3. Der Gläubiger darf sich gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben für das Wiederaufleben der Betreibung auf den Zeitpunkt dieser Publikation verlassen und erst dann das Fortsetzungsbegehren stellen. BGer 5A_840/2015 E. 3.3.

Geltendmachung der Kosten der Konkurseröffnung: Der Gläubiger kann mit Stellung des Fortsetzungsbegehrens auch die ihm inzwischen entstandenen Kosten der Konkurseröffnung geltend machen. AB BE (21.11.1997) (BlSchK 1998 Nr. 13) E. 7 Verweis: Zu den Möglichkeiten des Gläubigers, welche die Konkurseröffnung erwirkt hatte, die ihm dabei angefallenen Kosten auf den Schuldner abzuwälzen vgl. Abs. 2

Bei Konkurs hängiges Rechtsöffnungsverfahren: Gemäss Art. 230 Abs. 4 SchKG können zufolge Konkurseröffnung aufgehobene Betreibungen wiederaufleben, wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird. Vorausgesetzt wird, dass die Konkurseinstellung rechtskräftig ist und die Betreibungen fortsetzungsfähig sind. Es wird deshalb im Schrifttum empfohlen, ein Rechtsöffnungsverfahren, das bei Konkurseröffnung rechtshängig ist, einstweilen zu sistieren. Wenn aber feststeht, dass das Konkursverfahren summarisch durchgeführt wird, dann ist das Betreibungsverfahren und das auf diesem beruhende Rechtsöffnungsverfahren als gegenstandslos dahingefallen. OGer ZH RT180106 E. 4b  OGer OW AbR 2008/09 Nr. 15 E. 6contra: Mit Konkurseröffnung werden hängige Betreibungen hinfällig, weshalb auch hängige Rechtsöffnungsverfahren, bei welchen der Schuldner Beklagter ist, mit Konkurseröffnung gegenstandslos werden. KGer VD ML/2010/101  KGer VD ML/2009/164

Kommentar 21: Die erstgenannte Praxis der Obergerichte Zürich und Obwalden überzeugt mehr. Sie verwirklicht auch den Grundsatz der Verfahrensökonomie. Dies gilt umso mehr, als in der Praxis knapp 58% aller Konkursverfahren sogleich mangels Aktiven wieder eingestellt werden (vgl. Abs. 2), so dass es schon aus diesem Grund sehr viel Sinn macht, bei Konkurseröffnung hängige Rechtsöffnungsverfahren vorerst zu sistieren und erst nach dem Entscheid darüber, ob der Konkurs (im ordentlichen oder summarischen Verfahren) effektiv durchgeführt werden kann oder gleich wieder eingestellt werden muss, über das Schicksal des Rechtsöffnungsverfahrens zu entscheiden.

Verweis: Zum Verhältnis der Haftung des Gläubigers für die Kosten des eingestellten Konkursverfahrens (Art. 169 Abs. 1 SchKG) zum Pfändungsbeschlag von wiederauflebenden Betreibungen vgl. oben

Bei Bestehen eines Organisationsmangels (Art. 731b OR) bzw. Fehlen einer vertretungsberechtigten Person bei der schuldnerischen Gesellschaft: das zu Abs. 3 Gesagte gilt bei einer wiederauflebenden Betreibung entsprechend vgl. oben